Augen auf bei der Wartung von Kälte- und Klimaanlagen
Betreiber von Gebäuden mit Klima- oder Kälteanlagen, die Wartungsbedarf haben, wurden in den letzten Monaten mit vielleicht unerwarteten Schwierigkeiten oder auch Mehrkosten konfrontiert. Ursache dafür ist die F-Gase-Verordnung der EU, die den Zeitplan für einen schrittweisen „Phase-down“ der bisher gebräuchlichen Kältemittel vorgibt. Ziel ist es, die im Umlauf befindliche Menge an Treibhausgasen auf HFKW-Basis (teilfluorierte Kohlenwasserstoffe) um 79 % gegenüber dem Stand im Jahr 2015 zu reduzieren, um sie mittelfristig durch Alternativen mit einem geringeren Treibhauspotenzial, z. B. HFO (Hydrofluorolefine), als alternative Kältemittel zu ersetzen.
F-Gase-Verordnung führt zur Verknappung von HKFW-Nachfüllware
Dieses Ziel ist einerseits verständlich und unterstützenswert, denn HFKWs tragen, wenn sie durch unsachgemäßen Umgang entweichen, tatsächlich zur globalen Erwärmung bei. Das Kältemedium R134a z. B. hat einen GWP-Wert (Global Warming Potential – Treibhauspotenzial) von 1430. Rein rechnerisch hat 1 kg dieses Fluids also ein ebenso hohes Treibhauspotenzial wie 1,43 t CO2. Andererseits aber lassen sich mit HFKW-Medien sehr energieeffiziente Klima- und Kälteanlagen realisieren. Und anders als CO2, das kontinuierlich bei Energieumwandlungsprozessen emittiert wird, verbleiben HFKW-Kältemittel üblicherweise im Kältekreislauf.
Da eine 1:1-Umstellung auf alternative Medien bei vorhandenen Anlagen zumeist nicht möglich ist, ist der Betreiber bzw. der von ihm beauftragte Kältefachbetrieb im Wartungsfall auf den Nachbezug des HFKW-Mediums angewiesen. Weil die Hersteller die produzierten Mengen aber gemäß F-Gase-Verordnung reduzieren, kam es in der jüngeren Vergangenheit zu erheblichen Preisschwankungen und -steigerungen bei Nachfüllware.
Illegale Kältemittel – ein ernstzunehmendes Problem
Inzwischen sind die Preise für HFKW-Nachfüllware wieder stabil. Sie befinden sich aber – wegen der „verordneten“ Verknappung – auf höherem Niveau. Außerdem stehen die klassischen Bezugswege von Markenkältemitteln über den Großhandel nicht mehr in vollem Maße zur Verfügung. Die Konsequenz: Der Markt ist fragmentiert und die Herkunft von HFKW-Kältemitteln intransparent.
Illegal gehandelte Neuware wurde und wird im beträchtlichen Umfang auf den Markt gebracht. Untersuchungen des Herstellerverbandes EFCTC zufolge entsprach die Menge illegaler Kältemittel im Jahr 2018 bis zu 34 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, vergleichbar mit dem Ausstoß von rund 20 Kohlekraftwerken – und zudem rund ein Drittel des legalen Markts.
Einsatz von illegalen Kältemitteln birgt Risiken
Der Erwerb und die Verwendung von illegalen Kältemitteln untergräbt also die Ziele der F-Gase-Verordnung, und damit nicht zuletzt die Klimaschutzbemühungen der EU und der Industrie.
Aber es gibt noch weitere Nachteile und Risiken. Da die HFKWs aus fragwürdiger Quelle stammen, kann der Anwender nicht sicher sein, ob die Kältemittel die erwartete (Kälte-)Leistung erbringen. Im Extremfall kann die Anlage geschädigt werden. Mögliche Folge sind zudem Anlagenstillstand und, aus Sicht des Kältefachbetriebs, haftungsrechtliche Fragestellungen. Auch die (Einweg-)Druckbehälter, in denen die illegalen HFKWs zumeist vertrieben werden und deren Einsatz in der EU verboten ist, können Sicherheitsmängel aufweisen.
Erste Erfolge beim Kampf gegen illegale Kältemittel
Der EFCTC kämpft aktiv gegen den Import, das Inverkehrbringen und die Nutzung illegaler Kältemittel und hat das international tätige Wirtschaftsermittlungs-Unternehmen Kroll mit entsprechenden Ermittlungen beauftragt. Ganz konkret ging Kroll zwischen März und Dezember 2019 insgesamt 228 Meldungen illegaler Aktivitäten nach. Zahlreiche Produkte wurden dabei über Online-Markplätze angeboten. Im Jahr 2019 konnten so insgesamt 444 illegale Angebote auf 15 Verkaufsplattformen aufgedeckt werden.
Kroll deckte zudem auf, dass die illegalen Kältemittel vor allem durch fehlgeleitete Umladungen, Missbrauch der vorgegebenen Quoten und offenen Schmuggel sowie als gefälschte Produkte in die EU gelangen. Insgesamt lieferte Kroll eindeutige Hinweise auf mindestens 3.000 t illegal gehandelter HFKWs. Das entspricht einem CO2-Äquivalent von 4,7 Mio. t, vergleichbar mit dem jährlichen CO2-Ausstoß von 3,5 Mio. neuen Pkw – und ist vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs.
Wie unterscheidet man legale und illegale HFKWs?
Anwender der Kältemedien und Betreiber von Kälte-/Klimaanlagen können durchaus dazu beitragen, die Verbreitung illegaler Kältemedien zu unterbinden. Denn es gibt mehrere Anzeichen, die eine Unterscheidung zwischen gesetzeskonform und illegal erlauben:
- die Art der Behälter (Einwegbehälter sind in Europa verboten, ihr Inhalt meistens illegal).
- Behälterpfand: erhebt der Lieferant Pfand auf den Behälter? Wenn nicht, handelt es sich wahrscheinlich um illegales Material.
- die Kennzeichnung von Mehrweg-Behältern (aufgeführt sein sollte u. a. der Name des Produzenten, der π-Stempel als Zeichen der TPED-Zulassung und die Angabe des EU-Zertifikat EN-133221)
- das Vorhandensein (und die Plausibilität) eines Sicherheitsdatenblattes
- das Preisniveau (ist die Ware verdächtig günstig?).
Generell sollte der Anwender nur seriösen Händlern mit bekannten Lieferwegen und –beziehungen vertrauen und besonders beim Kauf über Online-Plattformen vorsichtig sein. Wer als Anwender zudem auch den Wartungsbetrieb oder das eigene Wartungspersonal explizit nach legal gehandelten Kältemitteln fragt, unterstützt das Bewusstsein für ein Problem, das in seiner Dimension noch viel zu wenig erkannt wurde.
Fazit
Aus Sicht des EFCTC sind Betreiber von Kälte- und Klimaanlagen und auch Kältefachbetriebe gut beraten, den sicheren und legalen Weg zu gehen und bei Wartungsfällen die quotierten HFKW-Kältemedien zu erwerben. Denn die Nutzung illegaler Kältemittel unterwandert ganz klar die Bemühungen zum Umweltschutz und birgt Risiken für den Anlagenbetrieb. Zudem: Wer illegal gehandelte Kältemittel erwirbt oder einsetzt, unterstützt finanziell die Organisierte Kriminalität, die hinter dem Gros des illegalen Handels vermutet wird.
Wer Zweifel an der Echtheit bzw. Legalität der erworbenen oder angebotenen Kältemittel hat, kann sich an eine Hotline zur anonymen Meldung illegaler F-Gas-Produkte wenden: https://efctc.integrityline.org/index.php

Der Branchenverband EFCTC ruft zu mehr Aufmerksamkeit für das Problem illegaler Kältemitel auf. Bild: EFCTC
EFCTC
Der Europäische Technische Ausschuss für Fluorkohlenwasserstoffe (EFCTC) ist eine Sektorgruppe des Verbands der Europäischen chemischen Industrie (Cefic) und repräsentiert die Unternehmen Arkema, Chemours, Daikin Chemical, Honeywell und Koura. Hauptziele sind die Bereitstellung aktueller Informationen über die Anwendung, Sicherheit, Gesundheits- und Umweltauswirkungen von HFKW (teilfluorierten Kohlenwasserstoffe), FKW (perfluorierte Kohlenwasserstoffe), HFO (Hydrofluorolefine) sowie die einschlägige europäische und internationale Gesetzgebung. https://stopillegalcooling.eu/de/
HFKWs und die Alternativen
HFKW-Kältemittel werden tendenziell noch knapper, weil die F-Gase-Verordnung die Produktionsmenge bis zum Jahr 2030 um insgesamt fast 80 % senkt. Mittelfristig sollte bzw. muss sich jeder Anwender von Kälteanlagen eine „Exit-Strategie“ ohne HFKW überlegen. Das ist auch ein erklärtes Ziel der F-Gase-Verordnung.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein Kältemittelwechsel bei vorhandenen Anlagen in den meisten Fällen nicht sinnvoll bzw. machbar ist. Der Übergang zu umweltfreundlicheren, verordnungskonformen Kältemitteln ist also mit einer Investition in neue Anlagentechnik verbunden – die sich jedoch in vertretbaren Zeiträumen amortisieren kann, wenn die neue Anlage bedarfsgerecht und energieeffizient arbeitet. Schließlich machen die Energiekosten den größten Posten der Lebenszykluskosten einer Kälteanlage aus.
Als ebenso energieeffiziente wie umweltgerechte Alternative zu HFKWs haben die Hersteller synthetische HFO-Medien (Hydrofluorolefin) wie R 1234yf (GWP: 4) und R 1234ze (GWP: unter 1) entwickelt. Darüber hinaus stehen HFO/HFKW-Gemische wie R 513A sowie R 450A (GWP: rund 600) zur Verfügung. In bestimmten Anwendungen bewähren sich auch industrielle Kältemittel, z. B. Ammoniak in den Kühlanlagen von Tiefkühllagern.
Tim Vink


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