Heizen mit System im Niedrigenergiehaus

Dem energieeffizienten, unabhängigen Heizen mit Wärmepumpen gehört die Zukunft. So auch bei dem Bauherrn einer Doppelhaushälfte in Holzkirchen bei München: Er setzte auf die Kombination aus Photovoltaik-Anlage, Akku-Stromspeicher, Wärmepumpe und Wärmespeicher. Nach über einem Jahr in Betrieb zieht er nun ein erstes Fazit.
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Das Objekt: Ein Niedrigenergiehaus in Holzmassivbauweise mit PV-Anlage. Bauherr der rechten Doppelhaushälfte ist Wolfgang Ströbele mit Familie. Die Heiztechnik ist auf beiden Hausseiten identisch gelöst. Bild: W. Ströbele
Das Objekt: Ein Niedrigenergiehaus in Holzmassivbauweise mit PV-Anlage. Bauherr der rechten Doppelhaushälfte ist Wolfgang Ströbele mit Familie. Die Heiztechnik ist auf beiden Hausseiten identisch gelöst. Bild: W. Ströbele

Die energetischen Anforderungen an ein Niedrigenergiehaus sind hoch – nahezu autark soll es nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) arbeiten. Photovoltaik-Anlagen in Kombination mit Wärmepumpen sind eine gute Möglichkeit, Strom für den Eigenbedarf zu produzieren und diesen direkt für die Wärmeerzeugung zu nutzen.

Eine Schwierigkeit ist hierbei aber, dass PV-Anlagen tagsüber oft mehr Strom erzeugen als benötigt wird. Der Überschuss kann zwar ins öffentliche Netz eingespeist werden, aufgrund der niedrigen Vergütung schafft das für private Hausbesitzer allerdings kaum Anreize. Nachts, wenn kein Strom erzeugt werden kann, sind sie dann wieder auf das öffentliche Netz angewiesen. Deshalb haben sich Akku-Stromspeicher als eine effiziente und sinnvolle Lösung hervorgetan. Diese speichern den überschüssigen Strom und stellen ihn im Bedarfsfall zur Verfügung.

Nahezu autarkes System

„Schon vor Beginn des Bauprojekts stand die Unabhängigkeit unseres Eigenheims für meine Familie und mich im Mittelpunkt. Es sollte ein Zuhause sein, das frei von fossilen Brennstoffen und dafür voller umweltfreundlicher Energie- und Wärmeerzeugung ist“, so Bauherr Wolfgang Ströbele. Nach ausführlicher Beratung durch den Miesbacher Installateurbetrieb Antretter & Rixner und den technischen Vertrieb rund um Franz Laschinger von Kermi entschied er sich für eine PV-Anlage mit Akku-Stromspeicher sowie für eine Luft/Wasser-Wärmepumpe, einen Schichtenpufferspeicher und eine Fußbodenheizung.

Mithilfe des Akku-Speichers können die „elektrischen Verbraucher“ im 2016 fertiggestellten Neubau Tag und Nacht versorgt werden. Ist der Akku-Speicher voll und immer noch überschüssiger Strom vorhanden, kommt die Luft/Wasser-Wärmepumpe ins Spiel: Dank ihrer Regelung wird sie eingeschaltet und erzeugt mit Hilfe des überschüssigen, kostenlosen Stroms vom eigenen Dach die Heizwärme. Gespeichert wird diese thermische Energie wiederum im Schichtenpufferspeicher mit einem Fassungsvermögen von 1.250 l.

Um das Volumen zu erweitern und dadurch noch länger unabhängig den eigenen Bedarf zu decken, wurde ein Beistellspeicher installiert, der das Fassungsvermögen nochmals um 600 l erhöht. Somit steht der Familie nahezu ganzjährig Wärme zur Verfügung, ohne dass Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden muss.

Franz Laschinger erklärt: „Möglich wird dies durch zwei wichtige Funktionen, die bei der x-center x40 Regelung aller x-change dynamic Wärmepumpen bereits integriert sind: Smart Grid, das ein intelligentes Lastmanagement ermöglicht, und die Power-to-Heat-Funktion, die dafür sorgt, dass überschüssiger Strom aus der PV-Anlage effizient genutzt wird“.

Ergänzend im Einsatz ist außerdem ein wassergeführter Holzofen – eine praktische Lösung in Übergangszeiten oder auch an kalten Wintertagen. Denn dieser liefert dann zum einen bei Bedarf Wärme und speist zum anderen über die Wassertaschen thermische Energie in den Pufferspeicher. Somit wird das Heizsystem entsprechend unterstützt.

Überzeugende Kombination

Konkret kam im Objekt in Holzkirchen die Kermi x-change dynamic 8 AW E Luft/Wasser-Wärmepumpe in Außenaufstellung zum Einsatz. Die Wärmepumpe überzeugt durch ihre effiziente Betriebsweise mit einem COP von bis zu 4,11 (A2/W35) und einer großen Modulationsbreite für einen exakt bedarfsgerechten Betrieb. Der großzügig dimensionierte Verdampfer und die Axialventilatortechnik ermöglichen eine flüsterleise Funktion. „Von dem beinahe geräuschlosen Betrieb der Wärmepumpe profitieren nicht nur wir, sondern auch unsere Nachbarschaft“, bestätigt der Bauherr.

Christian Antretter, Geschäftsführer der Antretter & Rixner Haustechnik GmbH, zur intelligenten Kombination von Wärmepumpe und thermischer sowie elektrischer Speicherung: „Die von der Wärmepumpe erzeugte Energie für Heizen und Duschen wird aus den beiden Pufferspeichern entnommen – je mehr im Vorhinein mit Hilfe des überschüssigen Stroms produziert wurde, desto länger kann Wärme gespeist werden, ohne dass es einer erneuten Leistung der Wärmepumpe bedarf. So arbeitet das Heizsystem zum Nulltarif. Erst wenn die thermische Energie in Puffer- und Beistellspeicher aufgebraucht ist und gleichzeitig im Akku-Stromspeicher keine elektrische Energie mehr vorhanden ist, muss Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden“.

Die Kombination von Wärmepumpe mit Fußbodenheizung gilt sowohl im Neubau als auch bei der Sanierung als ideale, effiziente Lösung. Hier fiel die Wahl auf die Flächenheizung x-net C12 von Kermi. Für die Installateure lag der Vorteil des Tackersystems vor allem in der einfachen Verlegung. Dank der großformatigen Tackerfaltplatten/-rollen konnten die 255 m² Dämmung unkompliziert verlegt werden. Die hochreißfeste Ankergewebefolie sorgt bei der Fußbodenheizung für hohe Trittfestigkeit und eine enorme Haltekraft der Rohranker.

Deutliche Ersparnis und attraktive Förderung

Das nahezu autarke System schont nicht nur die Umwelt – auch die Ersparnis ist enorm: „Dank der ausgeklügelten Technik speisen wir im Jahressaldo auch mehr Energie ein, als wir beziehen“, so der Hausbesitzer. „Im Vergleich zu früheren Zeiten, als wir mit einer Gasheizung unseren damaligen Wohnraum und Wasser erwärmten, sparen wir jetzt weit mehr als die Hälfte pro Jahr – und das bei fast doppelter Wohnfläche. Das ist im Vergleich doch eine beachtliche Summe“, überschlägt Ströbele.

Weil der Staat den Einbau regenerativer Energieerzeuger im Eigenheim belohnt, wird das System für private Bauherren noch attraktiver. Zuschüsse kommen auch von den einzelnen Ländern: Die Familie aus Holzkirchen nutzte beispielsweise die Förderung des Freistaates Bayern, das „10.000-Häuser Programm“.

Fazit

Theoretisch könnte auf jedem Haus durch solare Gewinne so viel Energie erzeugt werden, wie das ganze Jahr über benötigt wird. Jedoch gibt es hier noch Hindernisse. Die Sonnenenergie steht nur am Tag zur Verfügung, der Bedarf besteht jedoch natürlich auch nachts. Dies kann durch ein energetisch ausgereiftes System wie beim Objekt in Holzkirchen sehr gut ausgeglichen werden.

Weiterhin wird die meiste Energie im Winter benötigt, sie ist jedoch im Sommer verstärkt verfügbar. Zukünftige Systeme und Speicherlösungen können eventuell auch das noch besser überbrücken. Dies könnte perspektivisch zur Folge haben, dass jeder Haushalt in der Jahresbilanz so viel Energie umweltschonend erzeugt, wie er auch tatsächlich (ver)braucht.

Energetisch gesehen ist das Objekt in Holzkirchen fast ein revolutionäres System. Die dort eingesetzte intelligente Kombination von Wärme- und Energieerzeugung sowie -speicherung wird immer mehr zum Einsatz kommen.

Andreas Jahrstorfer

Andreas Jahrstorfer
Kermi GmbH
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· Artikel im Heft ·

Heizen mit System im Niedrigenergiehaus
Seite 22 bis 23
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