Angesichts des durch die F-Gase-Verordnung 2024/573 beschleunigten Phase-Downs fluorierter Kältemittel der Gruppe HFKW muss sich die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche, die nach Europa liefert, bereits jetzt auf erhebliche Beschränkungen für Neu- und Bestandsanlagen vorbereiten.
Europa steuert auf eine Zukunft mit minimalem Einsatz fluorierter Kältemittel zu. Die ersten Restriktionen der überarbeiteten Verordnung, wie niedrige Quoten, Begrenzungen des GWP (Treibhauspotenzial) für fabrikfertige Anlagen und einiges mehr, gelten bereits ab Januar 2025. Hunderttausende Anlagen in der gesamten EU sind durch die verringerte Verfügbarkeit von HFKW betroffen. Die allermeisten davon sind nicht so konstruiert, dass sie sich auf langfristig verfügbare Kältemittel umstellen lassen.
Auch die voraussichtlichen PFAS-Verbote im Rahmen der EU-REACH-Chemikalienverordnung werden die Auswahl an zukunftssicheren Kältemitteln weiter einschränken. Unter die Definition des Verbotsvorschlags fallen viele fluorierte Kältemittel –einschließlich HFO, die aufgrund ihres niedrigen Treibhauseffekts zunächst für die Erfüllung der Emissionsquoten der EU-F-Gase-Verordnung vorgesehen waren. Derzeit ist es noch schwer abzuschätzen, welche Stoffe genau von den möglichen Verboten betroffen sein werden.
Internationale Resonanz für EU-Initiativen bei F-Gasen und PFAS
Auch außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums wird die Entwicklung der Regularien genau beobachtet. Das Kigali Amendment sieht auch auf globaler Ebene eine schrittweise Reduktion von HFKW-Emissionen vor, jedoch mit einer versetzten Zeitschiene und abhängig von Ländergruppen (Bild 1). Einige Länder sehen sogar eine stärkere Reduktion vor, als das Kigali Amendment vorschreibt, beispielsweise Australien, Japan und Norwegen. Verkürzungen der Übergangsphasen können durch die einzelnen Länder beschlossen und durch Finanzierungen des Multilateral Funds gefördert werden. Wenn sich alle Mitglieder einig sind, können die vorgesehenen Zeitschienen auch insgesamt verkürzt werden. Vor 2028 ist damit voraussichtlich jedoch nicht zu rechnen.
Auf langfristig verfügbare Kältemittel setzen
Vor diesem regulatorischen Hintergrund wird die Verwendung natürlicher Kältemittel stark an Bedeutung gewinnen. Natürliche Kältemittel wie R744 (CO2), R717 (Ammoniak), R290 (Propan), R729 (Luft) und R718 (Wasser) gelten aufgrund ihres geringen Umwelteinflusses als langfristig verfügbar.
Nach heutigen Maßstäben bedeutet ein geringer Umwelteinfluss eines Kältemittels:
- Ozonzerstörungspotenzial ODP=0
- Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP) <10
- hohe Energieeffizienz
- wenig bis keine umweltschädigenden Abbauprodukte
- sehr geringer Produktionsaufwand sowie
- sehr wenig Produktionsabfälle.
Die Entscheidung für natürliche Kältemittel hat außerdem einen positiven Einfluss auf den Carbon Footprint eines Unternehmens, da sie zur Reduktion direkter Treibhausemissionen beiträgt.
Natürliche Kältemittel: Die erste Wahl für Neuanlagen in der EU
Kunden, die den EU-Markt bedienen, sollten für Neuanlagen, wo immer möglich, natürliche Kältemittel verwenden. Wo dies aufgrund lokaler Vorschriften oder dafür fehlender Fachkräfte nicht möglich ist, sollten Kältemittel mit GWP<10 eingesetzt werden. Falls dies auch nicht möglich ist, sollte GWP<150 die absolute Grenze sein.
Bisher gängige fluorierte Kältemittel werden spätestens nach 2030 nur noch in begrenzten Mengen verfügbar sein, was die Lebensdauer solcher Anlagen verkürzen könnte. Durch die momentane PFAS-Diskussion könnte sich zudem bereits in naher Zukunft die Anzahl an verfügbaren HFKW- und HFO-Kältemitteln erheblich verringern.
Bestandsanlagen möglichst auf Niedrig-GWP-Kältemittel umrüsten
Zudem sollten auch Bestandsanlagen, sofern technisch und wirtschaftlich sinnvoll, dringend auf Kältemittel mit möglichst geringem GWP umgerüstet werden. Nach der Einschätzung von Bitzer werden bereits in naher Zukunft die durch den Phase-Down der F-Gase-Verordnung erheblich reduzierten Mengen an HFKW-Kältemitteln nicht mehr ausreichen, um den Bedarf für Service und Reparatur von Bestandsanlagen zu decken.
Einwandfrei funktionierende und dichte Bestandsanlagen sollten weiter betrieben werden, auch um die ohnehin schon geringen Kältemittelmengen nicht unnötig zu verbrauchen.
Besonderheiten im Umgang mit natürlichen Kältemitteln
Ein sicherer Umgang mit natürlichen Kältemitteln erfordert fundiertes Fachwissen, da je nach Kältemittel spezifische Besonderheiten zu beachten sind, sowie spezielle Anlagenkomponenten zum Einsatz kommen. So sind etwa Kohlenwasserstoffe wie R290 (Propan) oder R600a (Isobutan) hochentzündlich. R744 (CO2) wiederum geht mit hohen Anlagendrücken einher. Kasten mit Bild 2 !!!!!
Expertise und Produkte
Bei vielen der praxisorientierten Bitzer Trainings in der Schaufler Academy steht der sichere Einsatz natürlicher Kältemittel im Fokus. Die Schulungen finden sowohl digital als auch vor Ort in Rottenburg-Ergenzingen statt.
Der Bitzer Kältemittel-Report ist ein bewährtes und verlässliches Nachschlagewerk für die Branche rund um das Thema Kältemittel. Er enthält umfassende Informationen zu 132 Kältemitteln, Vergleiche ihrer Stoffdaten sowie konkrete Empfehlungen für Bestands- und Neuanlagen und ist immer aktuell hinsichtlich Regularien und Vorgaben.
Bereits seit vielen Jahren bietet das Unternehmen Komponenten für natürliche Kältemittel und baut sein Portfolio kontinuierlich dahingehend aus. So hat Bitzer schon seit 2003 Verdichter für R744 (CO2) im Programm und ist der einzige Verdichterhersteller, der Hubkolben-, Schrauben- sowie Scrollverdichter für R290 (Propan) führt.
Auf der Chillventa 2024 wurden zahlreiche Neuentwicklungen vorgestellt, darunter die Kompaktschraubenverdichterserie CS Pro für einen erweiterten Einsatzbereich mit den Kohlenwasserstoffkältemitteln R290 (Propan) und R600a (Isobutan) (Bild 2).

Der Umstieg auf alternative Kältemittel in Verbindung mit neuen Verdichtern und Komponenten kann Anlagenbauern und Betreibern häufig auch zu einer höheren Energieeffizienz und Kosteneinsparungen verhelfen.
In Zukunft sind auch neue Gemische von Kohlenwasserstoffen oder Gemische mit CO2 zu erwarten. Der Temperaturgleit solcher Gemische kann genutzt werden, um die Effizienz im Verflüssiger und Verdampfer zu erhöhen. Kohlenwasserstoffe lassen sich so untereinander mischen, dass sie die gleiche Drucklage wie ein anderes Kältemittel erreichen. Mit Kohlendioxid können nicht brennbare Gemische hergestellt werden. Umgekehrt mischt man Kohlenwasserstoffe zu CO2, um den Anwendungsbereich zu erweitern: Ihr Anteil hebt den kritischen Punkt, so dass man bei höheren Temperaturen verflüssigen kann als mit reinem CO2. Auf der Niederdruckseite kann man mit den Gemischen tiefer verdampfen, weil die Kohlenwasserstoffe noch bei tieferen Temperaturen als CO2 flüssig bleiben. Außerdem senkt man die Drucklage gegenüber reinem CO2 und kann damit Effizienz gewinnen. Die konkrete Wahl des Kältemittels ist abhängig von der jeweiligen Anwendung.
Dr. Heinz Jürgensen

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