Anforderungen und neue Verordnungen im laufenden Betrieb umsetzen
Themen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung einerseits und Dekarbonisierung und kommunale Wärmeplanung andererseits sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bislang wurden sie jedoch für alle möglichen Sektoren jeweils einzeln diskutiert. Dies trifft auch für Rechenzentren und Energieversorger zu. Dieser Missstand endete mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) von 2023. Die deutsche Umsetzung der Europäischen Regelung zum Green Deal sieht eine Energieeffizienzsteigerung von Rechenzentren vor. Zeitgleich wird erstmals auch die Bereitstellung von Abfallwärme als ERF (EnergyReuseFactor) vorgeschrieben. Um einen realen Hebel zu haben, sind alle Rechenzentren ab 300 kW IT-Anschlussleistung gefordert, die Energieströme zu erfassen und zu melden.
Energieverbrauch, F-Gase und PFAS
In einem Rechenzentrum dient der größte Teil der benötigten Energie der Rückkühlung der Server – und das ganz unabhängig von seinen betrieblichen Aufgabenstellungen mit Rechenleistungen von 50 kW bis zu 100.000 kW, die für Forschung, Telekommunikation, Datenspeicherung oder Internetdienste bereitstehen.
Das EnEfG und weitere Verordnungen stellen Betreiber von Rechenzentren vor umfangreiche Herausforderungen. Mit dem Betrieb von Kühl- und Kältekomponenten kommen zusätzliche Vorgaben auf den Tisch, etwa die unternehmerischen Vorschriften zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die im ESG-Regelwerk (ESG: Environmental, Social, Governance) zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Unternehmen und der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) der EU gesetzlich verankert sind. Rechenzentren verbrauchen sehr viel Strom; zudem braucht die Kühltechnik Kältemittel, die mit zum Teil hohen GWP-Werten und ihren Emissionen aufgrund von Herstellung und Transport sowie potenziellen Leckagen zum Klimawandel beitragen.
Die EU F-Gase-Verordnung von 2015 reguliert über eine Quotierung der CO2-Äquivalente das Inverkehrbringen von Kältemitteln mit hohen GWP-Werten und verbietet mit einer Verschärfung aus dem März 2024 einige Kältemittel künftig komplett.
Mit zunehmendem Einsatz neuer Low-GWP-Kältemittel stellte man fest, dass die Menge an Trifluoracetat (TFA) in Oberflächen-, Grund- und Trinkwasser auch zunimmt. TFA ist eine persistente, nicht filtrierbare Ewigkeitschemikalie, die zu der Gruppe der PFAS (Per- und Polyfluorierten Alkyl Substanzen) gehört.
Diese Stoffe sind in der EU-Verordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) erfasst. Im Jahr 2025 sind neue Regularien von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu Stoffen der PFAS-Gruppe zu erwarten. Im Jahr 2023 reichten verschiedene Wirtschaftsbranchen der EU-Mitgliedsstaaten über 5.600 Kommentare ein, die auf wirtschaftliche und sozialökonomische Wirkungen eines generellen PFAS-Verbots hinweisen. Dabei wurden von den Verbandsvertretern der Klima- und Kältebranche schwer ersetzbare Komponenten, wie z. B. Dichtungen genannt. Es wird davon ausgegangen, dass es Verbote mit entsprechenden Phase-Out- Zeiträumen für Verwendungen geben wird, die direkt messbare Emissionen verursachen und für die es bereits Ersatzstoffe gibt. Dazu gehören Löschschäume und auch Kältemittel.
Raus aus der GWP- und PFAS-Debatte
Rechenzentrumbetreiber sollten besser keine Kühltechnik mit Kältemitteln einsetzen, die bereits jetzt oder in naher Zukunft von einem Phase-Out-Szenario erfasst sein können. Doch ganz ohne mechanische Kühlung würden die Rechner überhitzen und die schon heute absehbaren angestrebten Leistungssteigerungen für den künftig noch drastisch zunehmenden Einsatz von KI in allen möglichen Wirtschaftszweigen stünde nicht zuverlässig zur Verfügung. Die Empfehlung lautet daher, sich auf die folgenden zwei Hebel zu konzentrieren: die Verwendung natürlicher Kältemittel (natRef) und das Anheben der Temperatur im Rechenzentrum.
Hebel 1 wird durch alte und bewährte natürliche Kältemittel wie CO2 (R744), Propan (R290) und Ammoniak (R717) möglich, die in vielen Fällen auch noch effizienter sind.
Hebel 2 betrifft die Effizienz des Rechenzentrums: Die im EnEfG geregelte Power Usage Effectiveness(PUE) kann verbessert werden, indem die Kühlwassertemperatur zur Kühlung der Server angehoben wird. Bei höherer Austrittstemperatur aus den Kältemaschinen wird damit deren EER (Energie Efficiency Ratio) gesteigert. Außerdem erhöht sich durch die Temperaturanhebung automatisch die Zahl der jährlichen Betriebsstunden für die freie Kühlung, d. h. der Perioden, in denen die Kältemaschinen nicht laufen.
In vielen derzeit betriebenen Rechenzentren laufen Kältemaschinen, die etwa 10 bis 15 Jahre ihren Dienst tun, mit Austrittstemperaturen von 14 oder 16 °C. Je nach Standort und klimatischem Jahrestemperaturverlauf werden PUE-Werte zwischen 1,8 und 1,5 erreicht. Das EnEfG verlangt jedoch künftig einen PUE von 1,2.
Wird die Temperatur angehoben, verschieben sich die jährlichen Betriebsstunden von den Kältemaschinen zu den Freikühleinheiten. Bereits bei einer Kühlwassertemperatur von 20 °C können 4.500 Freikühlstunden (Klimadaten Stuttgart) erreicht werden. Betrachtet man die noch erforderlichen Betriebsstunden der Kältemaschinen, so kann ein PUE von 1,2 zukünftig nicht sicher erreicht werden.
Bei der Kopplung des Rechenzentrums an ein Wärmenetz mit ganzjähriger Grundlast kommen nun leistungsfähige Großwärmepumpen ins Spiel, um den ERF aus dem EnEfG nachzukommen und damit die Wärmnutzung zu ermöglichen.
Einfacher wäre eine Auskopplung der Wärme mittels einer Wärmeübergabestation. Hierbei ergeben sich jedoch Abhängigkeiten im Bereich der Temperaturabsicherung und der Wärmemenge. Die vorhandenen Wärmenetze haben bereits oft festgelegte Temperaturniveaus, die für die Serverkühlung nicht geeignet sind.
Mayekawa und die Wärmepumpe mHeat
Das 100 Jahre alte Familienunternehmen Mayekawa hat eine lange Tradaition in der Entwicklung und Fertigung von Kältemittelverdichtern. Die weltweite Verfügbarkeit und die global verteilten Produktionsstandorte machen die Versorgung von Komponenten zukunftssicher. Mayekawa hat sich schon früh auf die Verwendung natürlicher Kältemittel spezialisiert und ist im Bereich der industriellen Anwendung von Ammoniakverdichtern weltweit bekannt. Der aktuelle Trend in Richtung natürlicher Kältemittel, gerade in Europa, trifft bei Mayekawa auf jahrzehntelange Erfahrung.
Mit der neu entwickelten und optimierten Hochtemperaturwärmepumpe mHEAT münden diese Erfahrungen in ein Serienkonzept, das mit einer kompakten Bauweise und mit geringen Kältemittelfüllmengen die Integration in bestehende Netze vereinfacht. Die Wärmepumpe kann auch im Außenbereich mit einem Wetterschutzgehäuse mit Schwerschaum zur Schallreduzierung ausgeführt werden.

Die Wärmepumpe mHEAT kann ab einer Kaltwasservorlauftemperatur von 20 °C und bis zu einer Warmwasservorlauftemperatur von 90 °C eingesetzt werden. Die Wärmeleistung liegt zwischen 900 kW und 1.500 kW in Abhängigkeit der Temperaturbereiche, der COP zwischen 4,2 und 5,5.
Sie steht als Gerät für den Eigenbetrieb sowie für Contracting- oder Leasingmodelle in der Sektorkopplung zur Verfügung.
Durch den Einsatz von Ammoniak, das als einziges Kältemittel leichter ist als Luft, werden die Ziele der 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nation (UN 17 SDG) umgesetzt, denn damit treffen die dreifachen „net zero“-Kriterien zu: ODP = 0, GWP = 0 und PFAS = 0.
Kühlwasser-Versorgungstemperatur für Rechenzentren
Es gibt einige Studien und Test-Rechenzentren, die ohne Wärmepumpen, also direkt aus dem Server, bereits 60 bis 70 °C heißes Wasser zur Verfügung stellen können. Hier werden verschiedene Parameter, wie Rechenleistung, Rechenfehler, Abstrahlungsleistung und deren Kühlaufwand sowie Lebensdauer überprüft.
Müssen Servernetze steigende Zahlen von KI-Anfragen verarbeiten und somit neuronale Netze simulieren, steigen die Temperaturen im System und damit auch die Anzahl der Rechenfehler; zugleich sinkt die Lebensdauer.
Es gibt weitere Grenzen für diese Konzepte. Die größte Hürde ist die Rechenleistung. In den letzten zwei Jahren ist die Belastung durch KI-Anfragen stark gestiegen. KI-Anwendungen gibt es zwar seit über 30 Jahren, doch lange nicht in der Breite wie heute und in Zukunft. Der Energiehunger durch KI-Anfragen über das Internet nimmt exponentiell zu, nicht zuletzt, da jede durch einen KI-Algorithmus beantwortete Anfrage die gelernten Datenmengen erhöht. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, geht man von einer Verdrei- bis Vervierfachung der IT-Leistung pro Server-Rack gegenüber den aktuellen Hochleistungsracks in den kommenden Jahren aus.
Mehr Rechenleistung braucht mehr Kühlleistung
Im DtC (Direct to Chip) Kühlprinzip müssen daher größere Temperaturdifferenzen zwischen Kühlwasser und Chip-Kühlkörper sichergestellt werden. Damit ist die Kühlwassertemperatur wieder auf 25 bis 35 °C gesunken. Außerdem werden bei diesem Temperaturniveau Luft-Kondensatbildung in den Komponenten sowie Wärmeabstrahlung vermieden.
Eine mögliche Lösung liegt in der Sektorkopplung: Das Zuviel an Wärme in den Rechenzentren sollte über die kommunale Wärmeplanung zu potenziellen Verbrauchern gelangen. Optionen dafür werden an vielen Standorten diskutiert, geplant und bereits umgesetzt. Doch der Energiehunger steigt deutlich schneller als die bestehende Rechenzentrumsinfrastruktur leisten kann und auch die Mühlen kommunaler Entscheidungsträger mahlen langsam.
Neue Rechenzentren werden die Wärmeversorger von morgen und sollten sich bei der Standortsuche nach der Strom- und Wärmeplanung richten. Bestehende Rechenzentren müssen nach und nach hybrider und damit vor allem effizienter werden. Hybrid bedeutet hier, dass die Infrastruktur der Kühlung luftgekühlt geführt wird aber auch im Kern wassergekühlte, hydraulische Strukturen enthält.
So können etwa Groß- und Hochtemperaturwärmepumpen auf der Wärmequellenseite die DtC Kühlwassertemperatur von 25 und 35 °C gut nutzen und auf der Wärmesenkenseite eine Nutztemperatur je nach externen Wärmenetzen des Abnehmers zwischen 50 bis 90 °C zur Verfügung stellen.
Wird dabei auf die richtige hydraulische Einbindung der vorgeschalteten Kühleinheiten, wie Wärmepumpen (Rang 1) und Freikühler (Rang 2) geachtet, ist ein noch vorhandenes Kältemaschinennetz nach einer hydraulischen Weiche nur noch als Notbetrieb oder Redundanz erforderlich. Damit verlagern sich die Jahresbetriebsstunden vom Chiller auf die Wärmepumpen und die Freie Kühlung (Bild 3).

Bild 4 zeigt beispielhaft ein Konzept mit dem Potenzial, den PUE in Richtung 1,2 zu senken. Durch die kombinierte Nutzung der Freikühler als Rückkühler für die Abfuhr der Restwärme aus den Wärmepumpen kommt der Anlagenbetrieb ohne adiabatische Rückkühlung aus. Damit wird auch die aktuell zunehmende Wasserbesprühung im Hochsommer überflüssig.
Dieses hydraulische Konzept optimiert vor allem die Freikühler, die das größte Potenzial zur Steigerung der Effizienz haben. Durch die Nutzung der hohen Rücklauftemperatur von 35 °C kann deren Jahresbetriebszeit bezogen auf die Klimadaten von Stuttgart bis zu 5.500 Stunden im Jahr betragen. Gleichzeit lässt sich mit der freien, reaktiven Bereitstellung von Wärme aus der Wärmepumpe der ERF realisieren. Nun steht die Wärmepumpe mit den Freikühleinheiten in Konkurrenz.

Die Fahrweise kann damit frei den Stromtarifen oder dem Bedarf des externen Wärmenetzes angepasst werden. Bei reduzierter Wärmeabnahme durch den externen Netzbetreiber kann die Wärmepumpe in diesem Konzept unabhängig betrieben werden. Diese Funktion ist wichtig, um den Betrieb des Rechenzentrums unabhängig vom Wärmenetzbetrieb zu machen. Dies wird als reaktive Grundlast bezeichnet.
In den Infrastrukturen bestehender Kühlsysteme im Rechenzentrum finden sich in der Regel luftgeführte Kalt- und Warmgänge, in denen die Racks mit ihren Servern atmen und gekühlt werden. Soll die Leistung pro Rack auf das Drei- bis Vierfache steigen, muss die Struktur mit einem hydraulischen Kühlwassernetz ergänzt werden. Das bedeutet für die Systematik des Kühlkonzeptes, dass eine weitere Temperaturschiene eingeführt werden muss.
Um bestehende Rechenzentren für diese Übergangsphase zu ertüchtigen, sollte in Clustern oder Etagen gedacht werden. Nur so kann den Lastanforderungen durch KI entsprochen und das System schrittweise dem Bedarf angepasst werden.
Fazit
In der Vergangenheit wurden Projekte im Bereich der Kühlung von Rechenzentren aber auch in der Industrie speziell auf die Anforderungen der Kühlseite hin geprüft und bewertet. Soll die Dekarbonisierung Erfolg haben, muss sich das ändern. Jede Kühlanwendung stellt eine Wärmequelle dar, die den Anspruch und auch die Verpflichtung mit sich bringt, die bereitgestellte Wärme auch zu nutzen. Die Technologien sind bereits vorhanden. Es liegt also nur in der Vernetzung der richtigen Partner, um ein Projekt zum Erfolg zu führen.
Dipl.-Ing. (FH) Peter Kaden

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