Energieverbrauch senken durch hydraulischen Abgleich
Im europaweiten Vergleich liegt Deutschland laut Energieeffizienz-Report der Internationalen Energieagentur IEA bei der Heizeffizienz von Wohngebäuden unter dem Durchschnitt. Demnach laufen derzeit in etwa rund 80 % aller Wohnungen in Deutschland die Heizungsanlagen an bis zu 200 Tagen im Jahr mit mehr Leistung als nötig – und zwar 24 Stunden am Tag. Überheizte Räume kosten Energie, jedes Grad weniger spart um die 6 % Energiekosten. Oft sind es kleine Dinge, die im laufenden Betrieb der Heizung zu mehr Effizienz führen, etwa ein Regelbetrieb auf Stufe 3 statt 5 oder der Einsatz von digital voreinstellbaren Thermostaten.
Hydraulischer Abgleich
Ein hydraulischer Abgleich erlaubt oft eine Senkung der Vorlauftemperatur und macht damit auch den kompletten Umstieg auf die Versorgung mit Wärmepumpensystemen erst möglich.
Die bestmögliche Einstellung der Heizung und all ihrer Komponenten per hydraulischem Abgleich ist mit Investitionen von 600 bis 1.000 Euro pro Wohneinheit ein finanziell überschaubarer Schritt, der zudem nur einmal ausgeführt werden muss. Die Datenaufnahme dazu dauert etwa 90 Minuten, die Berechnung etwa vier Stunden. Müssen keine Bauteile getauscht werden, sind pro Heizkörper nochmals etwa 5 Minuten für Einstellarbeiten einzurechnen.
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass in allen Heizkörpern die richtige Wassermenge fließt. Die Anlage funktioniert effizienter und benötigt weniger Gasoder Heizöl bzw. bei der Wärmepumpe weniger Strom.
Ohne ihn werden meist die Heizkörper, die näher am Kessel sind, besser durchströmt, als die entfernteren. In mehrgeschossigen Gebäuden kann dies dazu führen, dass z. B. die Heizkörper im Dachgeschoss nicht ausreichend warm werden. Werden dann lediglich die Pumpenleistung und die Vorlauftemperatur erhöht, steigt der Energieverbrauch unnötig an.
Arbeitsablauf beim Standardverfahren für den hydraulischen Abgleich
Laut der Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft e. V. wird der Vorgang des hydraulischen Abgleichs in folgende Schritte unterteilt:
Berechnung der Heizlast sowie der Leistung der Heizkörper in allen Räumen
Bestimmung der notwendigen Vorlauftemperatur
Ermittlung der maximal benötigten Heizwassermassenströme (individuell für jeden Heizkörper)
Berechnung der Druckverluste im Rohrnetz ergibt im Ergebnis die nötige Pumpenleistung
Auslegung der Umwälzpumpe (nach Höhe und Volumenstrom)
Anpassung der Heizungseinstellungen.
Verfahren A und B
Zu unterscheiden ist beim hydraulischen Abgleich zwischen dem vereinfachten Verfahren A und dem genaueren Verfahren B. Beim vereinfachten Verfahren wird angenommen, dass der vorhandene Heizkörper zur Heizlast des Raumes passt bzw. es wird ein Pauschalwert anhand des Baujahres des Gebäudes angesetzt. Verfahren B funktioniert präziser, das heißt die Heizlast pro Raum wird in Abhängigkeit der Wandfläche, deren Dämmung, den Fenstergrößen usw. errechnet. Danach wird pro Heizkörper die erforderliche Wassermenge für den Durchfluss berechnet. Außerdem werden, falls nötig, Heizventile erneuert. Bei B wird zudem die exakte Heizkurve bestimmt. Diese Heizkurve gibt letztlich Aufschluss, ob alle Räume ausreichend beheizt werden. Ist sie zu flach, stimmt die Wärmeverteilung nicht, ist sie zu steil, wird zu viel Energie verbraucht.
Fördertöpfe
Aktuelle Zahlen des ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung) zeigen, dass in der Vergangenheit ca. 60 % aller Fördermittel für Gebäude in den Neubau flossen. „Mit so einer Schieflage in der Gebäudeförderung können wir die größten CO2-Emittenten nicht erreichen“, meint ifeu-Geschäftsführer Martin Pehnt. Im Gebäudebestand seien die Sanierungsraten weiter viel zu gering und der Klimaschutz komme kaum voran, beklagt er. Das Problem hat die Bundesregierung zumindest teilweise anerkannt und Maßnahmen im Bestand in Gesetzgebung und Förderrichtlinien aufgenommen.
Die Durchführung des hydraulischen Abgleichs wird pauschal mit 15 % der Kosten von der BAFA gefördert. Seit Januar 2023 ist ein hydraulischer Abgleich nach Verfahren B durchzuführen, wenn eine Förderung über die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen für private Haushalte (BEG EM) beantragt wird.
Das KfW-Programm 261 (Sanierung effizienter Gebäude) lohnt sich als Alternative zur BAFA-Förderung besonders für größere Gebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten.
Seit Oktober 2022 gilt zudem die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV). Mit ihr wird der hydraulische Abgleich für größere, gasbeheizte Gebäude mit mindestens 6 Wohneinheiten sowie Firmen und öffentliche Gebäude ab 1.000 m2 beheizter Fläche zur Pflicht.
Wer zum Beispiel eine Pumpe austauschen, einzelne Heizkörper ersetzen oder Rohrleitungen dämmen will, erhält dafür ebenso Fördermittel bei der KfW. Voraussetzung ist, dass die Heizung älter als zwei Jahre ist und der hydraulische Abgleich bei wassergeführten Heizungen (also Direktheizungen im Niedertemperaturbereich) vorgenommen wurde.
Auch einzelne Kommunen und Städte fördern den hydraulischen Abgleich.
Kleiner Schritt zu mehr Energieeffizienz
Private Haushalte verbrauchen etwa ein Drittel der Energie in Deutschland. Etwa 70 % davon werden zum Heizen verwendet. Das Potenzial zum Energie sparen ist also gewaltig, sagt der Bauphysiker und Energieberater Johannes Zink. Gerade bei Altbauten aus den 50er–70er Jahren bestehe ein riesiger Bedarf.

Der hydraulische Abgleich ist Zink zufolge ein kleiner, aber ein sinnvoller Puzzlestein zum energieeffizienten Gebäude und werde seit vielen Jahren empfohlen. Man müsse es halt eben nur einmal machen. Als Verbraucher sollte man auf eine Auflistung mit Dokumentation der Wärmeleistung für jeden Heizkörper, Dokumentation der Einstellung jedes Ventils, der Vorlauftemperatur und der Pumpe durch den Handwerksbetrieb achten.
Fazit
Damit die Heizung wirklich effizient läuft, müssen generell die einzelnen Komponenten richtig dimensioniert und auf den Energiebedarf des Hauses abgestimmt sein: vom Heizkessel über die Pumpe bis zur richtigen Einstellung der voreinstellbaren Thermostatventile an den Heizkörpern.
Beim hydraulischen Abgleich wird das komplette Wärmeverteilungssystem vom Fachhandwerker so einreguliert, dass kein Heizkörper unter- oder überversorgt wird. Die damit verbundene Anpassung von Pumpen, Thermostatventilen und Regelung gewährleistet eine bedarfsgerechte Verteilung der jeweils erforderlichen Heizwassermenge, unnötige Wärmeverluste werden so vermieden. Insgesamt dürfte sich damit der Energiebedarf reduzieren. Der Stromverbrauch für die Umwälzpumpe sinkt entsprechend. Übermäßige Fließgeräusche in den Heizkörpern gehören zudem nach einem hydraulischen Abgleich der Vergangenheit an.
Auch bei Sonderfällen wie bei Fußbodenheizungen und anderen Flächen- sowie Einrohrheizungen kann hydraulisch abgeglichen werden – der Aufwand und somit die Kosten sind aber um einiges höher.
Hans-Jörg Werth

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