Von Rainer Grill, Leiter Öffentlichkeitsarbeit, Ziehl-Abegg SE
Normalerweise können im renommierten Berliner „Motorwerk“ mehr als 1.000 Menschen tagen oder feiern. Wo vor 100 Jahren Elektromotoren produziert wurden, finden heute modernste Events statt - Livestreaming von Produktpräsentationen, Fashionshows, E- Sports-Challenges, Konferenzen und Tagungen. Durch seine Länge von rund 90 Metern und seine nutzbare Gesamtfläche von rund 3.500 m2 ist das Motorwerk für einen modularen Aufbau mit beliebigen Raumaufteilungen für Veranstaltungen mit 100 bis 1.500 Personen geeignet. Beidseitig der Halle stehen großzügige Außenflächen für Open-Air-Empfänge zur Verfügung.
Seit Beginn der Corona-Welle gab es hier zunächst vor allem Streaming-Veranstaltungen (etwa mit Arbeitsminister Hubertus Heil) statt – auflagenbedingt stets mit sehr wenigen Teilnehmern. Dies hat sich nun geändert: „Um die Gefahr von Corona-Ansteckungen durch Aerosole massiv zu reduzieren, können wir die Luftqualität ohne Geräuschbelästigung massiv erhöhen“, sagt Dr. Michael Gordon, dessen Unternehmen das Haus betreibt. „Jetzt stehen Abstände, Hygieneregeln und besonders die Luftqualität im Fokus.“ Die erste Veranstaltung mit mehr als 200 Gästen und einem neuen Lüftungskonzept wurde im August 2020 durchgeführt. Sie dauerte mehrere Stunden.
Gelingen konnte der Sprung mit einem ausgefeilten Lüftungskonzept, bei dem Know-how und Produkte des Ventilatorenherstellers Ziehl-Abegg genutzt werden. Das global agierende Unternehmen, heute ansässig in Baden-Württemberg, wurde vor mehr als 110 Jahren in diesen Hallen groß und ist Namensgeber für die Location. Emil Ziehl gründete die Firma 1910 in Berlin als Hersteller von Elektromotoren.
Es sei eine besondere Herausforderung und gleichzeitig auch eine Ehre gewesen, in den aus Firmensicht sehr geschichtsträchtigen Hallen am Lüftungskonzept mitarbeiten zu können, sagt Peter Fenkl, Vorstandsvorsitzender des Motoren- und Ventilatorenherstellers. „Im Motorwerk arbeitet jetzt die neueste Generation an bionischen Ventilatoren.“ Die Geräuschentwicklung könne extrem niedrig gehalten werden, „weil wir mit Erfolgskonzepten der Natur, wie etwa dem Flug der Eule, die Ventilatoren auf den akustisch besten Stand optimiert haben “, erklärt Fenkl.
Steuerung via App am Smartphone oder Tablett
Während der Veranstaltung überwachten CO2-Sensoren die Luftqualität und regelten die Ventilatoren. Deckenventilatoren sorgen für die Vermischung der Luft. Für die gesamte Dauer der Veranstaltung lag der CO2-Wert in der Raumluft bei rund 530 ppm. „Das entspricht fast Außenluftqualität“, erklärt Gordon unter Verweis auf eine Studie zur Risikobewertung der TU Berlin, die geringe CO2-Werte als unbedenklich ansieht. Das gesamte System ist selbstregelnd programmiert, kann aber auch manuell betrieben werden. Die Steuerung und Überwachung erfolgen via App auf Smartphone, Tablet oder PC.
Gordon zufolge waren Konzeption und bauliche Umsetzung nicht einfach, da das Gebäude unter Denkmalschutz steht. In Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde, der Ingenieurgemeinschaft Weißensee und Ziehl-Abegg gelang es jedoch, ein Gebäudetechnikkonzept zu entwickeln, das weder die Innen- noch die Außenansicht des Gebäudes verändert und gleichzeitig sehr dynamisch ist.
Binnen einer Stunde zweimal kompletter Luftaustausch im Gebäude
Die Lüftungsanlage besteht aus acht Axialventilatoren (ZN063-ZIL.DG.V7P2), vier HVLS Deckenventilatoren (high volume low speed), acht CO2-Sensoren sowie einem einheitlichen IP-basierten Haussteuerungssystem von Loxone mit Steuerungssoftware von Smartflix.
Die Halle hat ein Luftvolumen von etwa 16.500 m3. Jeder der eingebauten Axialventilatoren von Ziehl-Abegg bewegt bis zu 6.000 m3/h Luft. Drei Ventilatoren werden zum Absaugen verwendet, fünf für die Zuluft. So kann der gesamte Luftinhalt des großen Gebäudes bis zu zwei Mal innerhalb einer Stunde komplett ausgetauscht werden.