Vertikaler Campus mit Überströmlüftung
Rund 4.000 Studierende der Fachrichtungen Architektur, Life Science, Pädagogik, soziale Arbeit und Mechatronik sowie 840 Angestellte haben im neuen FHNW-Campus Muttenz eine neue Wirkungsstätte gefunden. Die Abmessungen des fast quadratischen Gebäudes sind beeindruckend: 72 m breit und 64,5 m lang ragt es 64,5 m in den Himmel. Trotz seines Bauvolumens von 322.000 m³ entwarfen pool Architekten aus Zürich eine architektonisch äußerst reizvolle Umgebung, in dem sie einen vertikalen Campus schufen, und nicht wie sonst üblich ein horizontales Hochschulgelände.
Fünf Hochschulen unter einem Dach – das Raumkonzept
Die Eingangsebene besteht aus einem als Marktplatz konzipiertem Atrium, um das sich Empfang und Aula, Mensa und Cafeteria sowie ein großer Vortragssaal mit einer mobilen Bühne gruppieren. Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich 16 Hörsäle und zahlreiche Unterrichtsräume aller fünf Hochschulen. Die dritte Etage wurde als so genannte Beletage entworfen. Hier ist zum einen die offen gestaltete Bibliothek untergebracht, zum anderen stehen flexibel nutzbare Flächen für Seminare, Präsentationen usw. zur Verfügung. Nicht öffentlich zugänglich sind die Räumlichkeiten in den acht Geschossen darüber. Hier befinden sich die fünf Institutsbereiche mit Büros sowie Arbeitsbereiche für die Studenten. Den Abschluss bildet die zwölfte Etage mit weiteren Seminarräumen, einer Lounge und einem versteckten, nur nach oben offenem Dachgarten.
Ein Hochhaus als Hofhaus
Das Innere des vertikalen Campus wird durch das Atrium und zwei Lichthöfe mit Tageslicht versorgt. Das Atrium erstreckt sich vom Erdgeschoss bis in die dritte Etage; ab dem vierten Obergeschoss unterteilt ein zusätzlich eingeschobener Mittelreiter das Atrium in zwei Lichthöfe bis unter das Dach. Architektonisch inszeniert wird der große Luftraum des Atriums durch sechs sich kreuzende Treppenläufe. Die Lichthöfe erhalten durch jeweils ein skulpturales Treppenhaus eine besondere Note. Blickfang ist ferner eine elf Meter hohe und tausend Tonnen schwere Betonstele namens Dreamer im Erdgeschoss, die von der Künstlerin Katja Schenker aus Zürich gestaltet wurde.
Architektur und Haustechnik intelligent verknüpft
Um einen nur geringen Lüftungswärmebedarf bei Neubauten zu erreichen, müssen die Gebäudehüllen so dicht wie möglich sein. Dies fordern auch die Energiesparverordnungen. Damit die Nutzer dennoch mit den nötigen Außenluftraten versorgt und Bauschäden z. B. durch Schimmelbildung verhindert werden, kommen in der Regel raumlufttechnische Anlagen zum Einsatz. So auch im FHNW-Campus Muttenz, für die pool Architekten und das Ingenieurbüro Kalt + Halbeisen aus Zürich ein pragmatisches und intelligentes Überströmkonzept entwickelten. „Aufgrund der hohen Komplexität des Projekts, die durch die Nutzungsdurchmischung bedingt ist, war von Anfang an eine integrale Planung mit allen Projektbeteiligten nötig“, erläutert der Projektleiter von pool Architekten aus Zürich.
Überströmkonzept als Grundlage der Be- und Entlüftung
In den oberen Geschossen liegen alle Zuluftleitungen sichtbar in den Rippen der Betonrippendecken und versorgen die Räume mit den nötigen Außenluftraten. In den öffentlichen, von allen Hochschulen genutzten Hörsaal-Geschossen hingegen wurde die Gebäudetechnik aufgrund der hohen Anforderungen bei der Raumakustik verdeckt ausgeführt.
Steigt der Luftdruck durch die Zuluft in den Räumen, entweicht sie über die Überströmöffnungen in den Trockenbauwänden in die Flure und von dort aus ins Atrium. Der Projektleiter von pool Architekten sagt über das Lüftungskonzept: „Die Hofhaus-Typologie mit den beiden Lichthöfen wird zum Wegführen der Abluft genutzt.“ Das bedeutet, die Abluft steigt über das Atrium und die beiden Lichthöfe zum Dach auf, wo sie unter Nutzung einer Wärmerückgewinnung entweicht. Abluftrohre sind nur in den Laboren und in den Gastronomiebereichen notwendig. Auf diese Weise ließen sich Installationskosten reduzieren und die Energiekosten für Antriebsenergie minimieren. Im Falle eines Brandes saugen Turbinen unter dem Dach den Rauch aus dem Atrium. Damit greifen auch beim Brandschutz Architektur und Technik intelligent ineinander.
Hohe Anforderungen an den Schallschutz
Ein wichtiges Augenmerk der Architekten lag auf dem Schallschutz, da große Räume, harte Materialien und die Nutzung als Hochschule mit Hörsälen und Arbeitsräumen große schallschutztechnische Herausforderungen mit sich bringen. Gemeistert wurden sie in der FHNW Muttenz durch unterschiedliche Maßnahmen: Im Atrium sorgen u. a. Holzlamellen vor den Hörsälen für mehr Ruhe, in den Lichthöfen sind es Betonelemente, die Schallwellen brechen. Akustikvorhänge waren im dritten Obergeschoss die optimale Lösung gegen Lärm. Explizit von den Architekten gewünscht waren auch die Überströmelemente InduSilent von Kiefer, da sie eine hervorragende Schallabsorption aufweisen. Durch eine freie Überströmung der Luft von Raum zu Raum verlieren Trennwände einen Großteil ihrer Fähigkeit der Schalldämpfung. Dieser Problematik wirkt eine in die Luft-Überströmelemente integrierte, nicht brennbare und hochwirksame Innenauskleidung entgegen. Die Überströmelemente weisen eine niedrige Bauhöhe von 230 mm auf und bieten die Möglichkeit einer projektspezifischen Gestaltung der Luftauslässe durch die Architekten.
Im FHNW-Campus wurde das Überströmelement in zwei Varianten eingesetzt: Zum einen als Standardausführung InduSilent Typ TS für schmale Systemtrennwände, zum anderen als Sonderausführung InduSilent Typ TG für den Einbau in doppelt beplankten Ständerwänden.
Das Standardelement Typ TS hat einen 1.200 x 230 mm großen Luftkasten und eignet sich für den flächenbündigen Einbau in schmalen Trennwänden. Es weist einen geringen Druckverlust auf bei einem gleichzeitig hohen Schalldämm-Maß Rw. Im FHNW-Campus Muttenz gewährleisten auf alle Geschosse verteilt 500 Stück die freie Überströmung der Luft aus den kleineren Räumen in das Atrium. Der vom Raum aus sichtbare Schlitz der Überströmelemente wurde auf Wunsch der Architekten als 2 cm hohe offene Schattenfuge ausgebildet, die als durchlaufend schwarzes Band über jeweils drei Elemente optisch in Erscheinung tritt.
Als Sonderanfertigungen wurden rund 500 Überströmelemente InduSilent Typ TG benötigt. Sie befinden sich in den besonders hochwertig gestalteten, 20,5 cm dicken Leichtbauwänden der Seminarräume im ersten und zweiten Obergeschoss. Die Besonderheit dieser Trennwände sind vertikal verlaufende Holzlamellen aus massiver Eiche auf der Außenseite, in die Überströmschlitze optisch unauffällig integriert wurden. Hierfür fertigte der Hersteller Überströmelemente mit extra langem „Hals“, die die Wanddicke zur Flurseite hin überbrücken.
Fazit
In modernen Gebäuden mit dichten Gebäudehüllen sind schallabsorbierende Überströmelemente heute eine intelligente Lösung für die Abluftführung. Überströmelemente sind immer dann die beste Wahl, wenn
- eine hohe Schallabsorption gefordert
- eine niedrige Bauhöhe benötigt und
- eine projektspezifische Optik der Luftauslassschlitze gewünscht wird.
So sind sie in architektonisch anspruchsvoll gestalteten Gebäuden zu finden wie z. B. im 2019 eröffneten Swatch-Hauptsitz im schweizerischen Biel, der vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban entworfen wurde.
Eine Information der Kiefer Klimatechnik GmbH, Stuttgart

Detailzeichnung der großen Seminarräume mit eingebautem Überströmelement Typ TG mit verlängertem Hals. Bild: Kiefer Klimatechnik

Das Luft-Überströmelement INDUSILENT Typ TS in schmaler Bauform eignet sich für den Einbau in Systemtrennwände und andere Wandkonstruktionen. In der Beplankung muss eine entsprechende Fuge vorgesehen werden. Bild: Kiefer Klimatechnik

Das Luft-Überströmelement INDUSILENT Typ TG eignet sich für den Einbau in doppelt beplankte Ständerwände zum flächenbündigen Einbau. Zur Anpassung an andere Wandstärken ist für den Typ TG optional eine aufsteckbare Halsverlängerung verfügbar. Bild: Kiefer Klimatechnik
Bautafel
Redaktion (allg.)


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