Wohnungsbau stürzt weiter ab, Tiefbau weiter stabil
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe meint dazu: „Die zweigeteilte Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe setzt sich fort: Im Hochbau, insbesondere im Wohnungsbau, fehlen seit Monaten Impulse. Im Tiefbau halten die Energie- und Mobilitätswende die Nachfrage am Laufen.
Bei der Umsatzentwicklung im Wohnungsbau trifft uns jetzt die seit über zwei Jahren anhaltende Nachfrageschwäche hart. Monat für Monat sinken die Umsätze immer weiter. Im Juli haben wir zum Vorjahr wieder ca. 10 Prozent verloren. Insgesamt bedeutet das von Januar bis Juli bereits 1,7 Mrd. Euro weniger Umsatz (minus 12 Prozent).
Die aktuellen Daten bei den Baugenehmigungen führen diesen Trend fort. Allein bis Juli wurden 32.500 Wohnungen weniger genehmigt als im Vorjahresmonat. Im gesamten Jahr 2023 hatten wir gegenüber 2022 fast 100.000 weniger Genehmigungen. Ein Blick auf die Order bestätigt den Einbruch, wo nicht einmal das niedrige Niveau aus dem Vorjahr gehalten werden kann. Von Januar bis Juli gingen die Wohnungsbauaufträge im Vorjahresvergleich noch einmal um fast 6 Prozent zurück.
Es wird für die Unternehmen im Wohnungsbau immer schwieriger, ihre Kapazitäten zu halten. Da hilft auch kein Verweis auf die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag. Nicht dieser ist hier Maßstab, sondern die Realität auf dem Wohnungsmarkt. Die von der Bundesregierung richtigerweise angestrebte Zahl von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr wird in keinem Jahr dieser Legislaturperiode annähernd in Sichtweite kommen. In diesem Jahr werden wir auch keine 300.000 Wohnungen mehr fertigstellen können. Wenn wir hier die Kurve kriegen wollen, muss die Bundesregierung bei ihrer Förderpolitik von den ambitionierten Energieeffizienzstandards Abstand nehmen. Bauen muss wieder bezahlbar werden. Bauwillige brauchen eine belastbare Zinsstütze für den EH 55-Standard. Für die Branche wichtig sind vereinfachte Anforderungen, wie sie der Gebäudetyp E verspricht, und ein 5-Jahres-Moratorium für kostensteigernde Normen.
Anders sieht es glücklicherweise im Tiefbau aus. Hier liegen die Order bis Juli um sieben Prozent höher als im Vorjahr, im Wirtschaftstiefbau um gut 1,4 Mrd. Euro über dem Vorjahresniveau (+11 Prozent). Der Ausbau der Energienetze, des Schienennetzes und des schienengebundenen ÖPNV schlagen sich hier nieder. Diese Projekte sind nachhaltig angelegt. Wir werden hier in den nächsten Monaten weiter eine positive Umsatzentwicklung sehen.
Auch die Investitionen der öffentlichen Hand in den Tiefbau fallen höher aus als im Vorjahr. Die Order liegen per Juli um 4,0 Prozent über dem Vorjahresniveau. Bis Juli liegen die Umsätze im Tiefbau insgesamt um gut zwei Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau (+12 Prozent).“
Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes zur Konjunkturentwicklung in den Betrieben des Bauhauptgewerbes mit mehr als 20 Beschäftigten erreicht der Umsatz im Bauhauptgewerbe im Juli 10,7 Mrd. Euro (+4 Prozent), davon entfielen auf den Hochbau 5,2 Mrd. Euro (-3,3 Prozent) und den Tiefbau ca. 5,5 Mrd. Euro (+12 Prozent). Von Januar bis Juli erreichte der Umsatz im Bauhauptgewerbe ca. 59 Mrd. Euro, was knapp unter dem Vorjahreswert liegt (-0,2 Prozent). Im Hochbau wurden ca. 30 Mrd. Euro umgesetzt (-7 Prozent), im Tiefbau ca. 29 Mrd. Euro (+8 Prozent).
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie dazu: „Auch zu Beginn des zweiten Halbjahres ist im Bauhauptgewerbe keine durchgreifende Besserung in Sicht. Vor allem die nach wie vor schwache Entwicklung im Wohnungsbau belastet die Branche, auch wenn es im sonstigen Hochbau und im Tiefbau etwas besser aussieht. Die schwache Baukonjunktur trifft nicht nur die Unternehmen, sondern wirkt sich auch insgesamt auf die Entwicklung in Deutschland aus. Deshalb wäre jetzt ein wirtschaftspolitisches Umsteuern so wichtig: weg von immer mehr Subventionen, hin zu mehr Investitionen. Denn am Ende führt kein Weg am Bau vorbei: Für ein solides Bruttoinlandsprodukt, für mehr Wirtschaftswachstum, für eine intakte Infrastruktur, ausreichend Wohnraum und Fachkräftesicherung.“