Kirchen

Mit Hybridheizung Energie und Emissionen sparen

Bei Veranstaltungen in der Kirche reicht eine dezentrale körpernahe Heizung. Moonich und Mahr stellen auf Expertenforum für Kirchen erschwingliche und einfach umzusetzende Heizlösungen vor.

Lars Keussen, Geschäftsführer von Moonich, stellte die Sitzheizlösungen heatme smart für flexible, körpernahe Wärme vor. Bild: Moonich / Günther Stöhr
Lars Keussen, Geschäftsführer von Moonich, stellte die Sitzheizlösungen heatme smart für flexible, körpernahe Wärme vor. Bild: Moonich / Günther Stöhr

Viele Kirchengemeinden stehen vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite sind sie mit sinkenden Mitgliederzahlen und Einnahmen konfrontiert und immer häufiger auch mit Personalabbau aufgrund des Kostendrucks. Dem stehen oftmals alte Gebäude mit schlechter Dämmung und ineffizienter Heiztechnik, aber auch kostbaren Kunstwerken und Orgeln gegenüber. Oben drauf gibt es die Vorgabe von Landeskirchen und Bistümern, das Klima zu schützen und CO2 zu reduzieren. Das klingt nach einem Dilemma, das praktikable und bezahlbare Lösungen erfordert.

Eine solche Lösung - speziell für die Beheizung von Kirchengebäuden - bieten die Moonich GmbH und die Theod. Mahr Söhne GmbH gemeinsam an. Auf dem Expertenforum „Zukunft gestalten, Tradition bewahren – Innovative Heizkonzepte für Sakralbauten“ Mitte Februar 2025 bei Moonich in Sauerlach bei München stellten sie diese vor. Vor Ort und per Online-Übertragung nahmen rund 40 Vertreterinnen und Vertreter von katholischen und evangelischen Kirchengemeinden und Pfarrverbänden, aus Bistümern, Klöstern, einer Stiftung und anderen kirchlichen Einrichtungen aus ganz Deutschland teil.

Rund 100 Kirchengemeinden heizen hybrid

Das Aachener Unternehmen Mahr ist Deutschlands älteste Heizungsfirma und auf die Heizung und Belüftung von Kirchengebäuden spezialisiert. Seit 2022 ist Mahr Vertriebspartner von Moonich, einem Spezialisten für elektrische Heizlösungen. Rund 100 Kirchengemeinden konnte Mahr seit Beginn der Zusammenarbeit schon für ein innovatives hybrides Heizkonzept mit den flexiblen Sitzheizlösungen von Moonich gewinnen. Das erfordere ein Umdenken und einen Strategiewechsel, sagte Florian Methe, Projektmanager Mitteldeutschland bei Mahr, wobei letzterer einfach und mit überschaubaren Kosten umzusetzen sei.

Bestehende Heizung weiter nutzen

Traditionell werden Kirchen mit einer Grundtemperatur von 6 bis 8 °C beheizt. Zu einzelnen Veranstaltungen wie den sonntäglichen Gottesdiensten werden die Räume kontrolliert aufgeheizt, in der Regel auf 14 bis 16°C. Bei den oftmals hohen und großen Gebäuden ist dies ein energieintensiver Prozess und das für wenige Stunden.

Der Strategiewechsel ist simpel, bedingt keine Umbauarbeiten und überschaubare Investitionen. „Die vorhandene Kirchenheizung übernimmt weiterhin die Grundtemperatur, was auch dem bauphysikalischen Schutz des Gebäudes und der Einrichtung dient“, erklärt Methe den Ansatz.

Wenn es dann zum Beispiel im Gottesdient oder Konzert konkreten Bedarf gibt, können ortsungebundene Akku-Heizkissen wie heatme smart von Moonich genutzt werden. Sie übernehmen die körpernahe Temperierung und sorgen für Wohlbehagen der Besucher. Die Energie wird bedarfsgerecht eingesetzt.

Sitzkissen statt Zentralheizung. Bild: heatme
Sitzkissen statt Zentralheizung. Bild: Moonich

Der komplette Austausch der Technik sei nicht nötig, sagt Methe auch mit Blick auf die Kosten. „Eine schrittweise Umsetzung gibt den größten Spielraum.“ Bei Bedarf plant und realisiert Mahr auch umfassende Energieversorgungslösungen inklusive Photovoltaik, Wärmepumpe, Stromspeicher, Heizkissen und Regelungen für die Beheizung und Lüftung.

Ausgeglichenes Raumklima beugt Schäden vor

Seit einigen Jahren erfahren die Fachleute von Mahr immer häufiger von Schäden in Kirchen aufgrund zu hoher Feuchtigkeit. „Gar nicht mehr zu heizen ist nicht die Lösung, um Energie zu sparen“, warnt Methe. „Ein ausgeglichenes, neutrales Raumklima bietet Schutz vor Schimmel und Bauschäden.“ Das familiengeführte Unternehmen bietet deshalb ein Gerät zur Raumklimakontrolle an, das mit der Heizungsanlage und der vorhandenen oder neu einzubauenden Lüftungsanlage verknüpft werden kann. Die vorhandene Anlagentechnik übernimmt dann auch die kontrollierte Lüftung zur Feuchteregulierung in dem Raum.

Ladetower im Beichtstuhl

Um zu veranschaulichen, wie das hybride Konzept eingesetzt werden kann, stellte Guido Kreutzer, Projektmanager Süddeutschland bei Mahr, aktuelle Projekte vor. Ein Beispiel ist die katholische Kirche St. Anna im Münchner Stadtteil Lehel. Dort gibt es eine zentrale Warmluftheizung, die mit Fernwärme der Stadtwerke München gespeist wird. Seit diesem Winter sind zwei Ladetower mit jeweils 20 heatme smart-Heizkissen in Betrieb. In dem Ladeturm werden die Akkus der Wärmekissen kabellos per Induktionstechnologie geladen. Sie brauchen bloß eingeschoben und wieder entnommen zu werden, was eine große Zeitersparnis für die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter bedeutet. Die Kirchengemeinde hat die Raumtemperatur zum Gottesdienst um 2 bis 4 °C auf 8 bis 10°C reduziert und kann so jedes Jahr einen vierstelligen Betrag an Energiekosten einsparen. Die Ladetower für St. Anna sind Sonderanfertigungen von Moonich. Sie wurden so gebaut, dass sie in einen nicht mehr genutzten Beichtstuhl passen.

Ladetower
Ladetower. Bild: Moonich/Mahr

In der katholischen Kirche St. Anna in Waal im Allgäu ist die Raumheizung defekt und soll auch nicht mehr instandgesetzt werden. Damit die Gäste es trotzdem warm haben, wurden im vergangenen Jahr 48 Heizkissen angeschafft. Die beiden Ladetower stehen platzsparend unter Treppen.

Der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis Hamburg-Ost hat in diesem Winter ein groß angelegtes Pilotprojekt gestartet. Der Kirchenkreis, zu dem 103 Kirchengemeinden mit rund 370.000 Mitgliedern gehören, hat 30 Ladetower mit jeweils 12 heatme smart-Kissen bestellt. „Die meisten wurden noch 2024 an interessierte Gemeinden verteilt“, berichtet Kreutzer. „Die Idee ist, Vorbehalte abzubauen und den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen mit dieser Art der Heizung zu sammeln.“ Die Heizkissen werden auch in der evangelischen Johanniskirche in Erfurt, der Andreaskirche in München-Fürstenried und der Christuskirche in Murnau genutzt.

Konkrete Einsparungen an Energie und CO2

Wieviel lässt sich mit dem hybriden Konzept einsparen? Auf diese Frage ging Lars Keussen, Geschäftsführer der Moonich GmbH und Hersteller der Heizkissen, ein. Er fasste das Konzept zunächst noch einmal zusammen: „Grundlastwärme mit traditioneller Heizung plus körpernahe Komfortwärme durch Heizkissen bewirken Kostenersparnis und Komfortgewinn und die historische Bausubstand wird geschont.“

Bei seiner Beispielrechnung bezog er sich auf das Dokument „Verantwortungsbewusstes Temperieren von Kirchen im Winter 2022/23“ / Handlungsempfehlungen von 18 deutschen (Erz-)Bistümern. Darin heißt es, dass ein Grad Temperaturabsenkung eine Energieeinsparung von 10 bis 15 Prozent bewirken könne. Bei 4° Absenkung, also zum Beispiel von 16 auf 12 °C, entspricht dies einer Gesamteinsparung von 40 bis 60%. Entsprechend können auch mehrere Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Je häufiger die Heizkissen genutzt werden, desto schneller amortisiert sich die Anschaffung und desto höher ist die CO2-Einsparung.

Nachhaltige Produkte

Die Nachhaltigkeit hat höchste Priorität bei der Entwicklung und Fertigung. So schaltet die integrierte Sensor-Automatik die Heizfunktion nach dem Aufstehen automatisch aus und beim Hinsetzen wieder ein. Dadurch wird der Stromverbrauch minimiert. In einem vollgeladenen Status garantiert die Akkutechnik mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen eine Laufzeit von bis zu acht Stunden sowie eine lange Lebensdauer. Die Akkus werden an Multiladestationen mit 12, 24 oder 36 Ladeplätzen in den Ladetowern über Induktionstechnik geladen.

Nachhaltigkeit äußert sich auch durch kurze Transportwege. Moonich-Geschäftsführer Lars Keussen wies darauf hin, dass die Materialien zum Großteil aus Deutschland, einige aus Europa und nur die Platinen und Akkus aus China stammen. Gefertigt werden die Kissen in Europa. Die Endabnahme findet am Firmensitz in Sauerlach statt. Zudem sind die Materialien langlebig und austauschbar, wodurch Ressourcen geschont werden.

Moonich bietet drei Varianten an. Für kleinere Kirchengemeinden gibt es die Heizkissen „heatme classic“ mit einer Ladebox, bei der die Akkus an Steckdosen angeschlossen werden. Die gehobene Variante „heatme smart“ besitzt einen Ladetower zum kabellosen Laden der Akkus per Induktionstechnologie. Darüber hinaus gibt es die Bankauflagen „heatme line“. Sie werden fest installiert. Die Sitzheizung wird nur aktiviert, wenn sich jemand setzt.

Beispielberechnungen für Energie-, Kosten- und CO2-Einsparungen für eine mittelgroße Stadtkirche
(Quelle: Moonich)

Gebäudeparameter:
Kirchentyp: Mittlere Stadtkirche
Raumvolumen: 10.000 m³
Ursprüngliche Grundtemperatur: 16°C
Reduzierte Grundtemperatur: 12°C (Absenkung um 4°C)
Spezifischer Energieverbrauch: 120-160 kWh/m²a (Wird ein Kirchengebäude auf einer Grundtemperatur gehalten und zu den Gottesdiensten oder Konzerten aufgeheizt, so ist je nach Höhe des Temperaturniveaus mit spezifischen Energieverbräuchen von 120 bis 160 kWh/m²a zu rechnen.)

Nutzungsparameter:
52 Gottesdienste pro Jahr
Durchschnittliche Veranstaltungsdauer: 1,5h
Anzahl Heizkissen: 50 Stück
Kissenleistung: 15 W

Einsparpotenzial:
Energieeinsparung durch Temperaturabsenkung:
Pro 1°C Temperaturabsenkung: 10-15%
Bei 4°C Absenkung: 40-60% Gesamteinsparung
Stromverbrauch Heizkissen:
50 Kissen × 15W × 78h = 58,5 kWh/Jahr
Automatische Abschaltung bei Nichtgebrauch reduziert zusätzlich den Verbrauch.

Berechnung der jährlichen Kosteneinsparung:
Ausgangsdaten:
Netto-Energieeinsparung: 31.844 kWh/Jahr (basierend auf angenommenen Parametern und Einsparungspotential)
Gaspreis: 14,2 Ct/kWh
Jährliche Kosteneinsparung:
31.844 kWh × 0,142 €/kWh = 4.521,85 € pro Jahr

CO2-Einsparungsberechnung für eine mittlere Stadtkirche:
Ausgangsdaten:
Netto-Energieeinsparung: 31.844 kWh/Jahr
Energieträger: Erdgas
CO2-Emissionsfaktor Erdgas: 0,2 kg CO2/kWh
Jährliche CO2-Einsparung:
31.844 kWh × 0,2 kg CO2/kWh = 6.368,8 kg CO2 pro Jahr
Dies entspricht etwa 6,37 t CO2 pro Jahr

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