Gut geplant ist halb gewonnen

Fußbodenheizungen sind beliebt: Sie sind energieeffizient, ihre Wärmeabgabe wird als besonders angenehm empfunden und sie bieten maximalen Gestaltungsspielraum bei der Einrichtung. Für eine optimale Funktionsweise sollten bei der Auslegung bestimmte Kriterien berücksichtigt werden.

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Fußbodenheizungen werden immer beliebter. Die sommerliche Kühlung gewinnt dabei an Bedeutung. Über 220 Mio. m Rohr wurden 2019 verbaut. Der Verlegeabstand der Fußbodenheizung richtet sich u.  a. nach dem geplanten Oberbodenbelag, der Raumnutzung und der gewünschten Rauminnentemperatur. Bild: Uponor
Fußbodenheizungen werden immer beliebter. Die sommerliche Kühlung gewinnt dabei an Bedeutung. Über 220 Mio. m Rohr wurden 2019 verbaut. Der Verlegeabstand der Fußbodenheizung richtet sich u.  a. nach dem geplanten Oberbodenbelag, der Raumnutzung und der gewünschten Rauminnentemperatur. Bild: Uponor

Wenn wir den Klimawandel ernst nehmen, müssen wir klimafreundlicher wohnen. Denn ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen, Stromerzeugung, Fernwärme und graue Energie eingerechnet, stammen aus dem Gebäudesektor. Bis 2030 sollen die Emissionen in Deutschland im Vergleich zum Jahr 1990 um zwei Drittel sinken.

Energiesparpotenzial in Gebäuden bietet vor allem das Thema Wärmeregulierung. Neben der Dämmung von Gebäudeaußenflächen hat auch die Heizungsanlage großen Einfluss auf Wärmebedarf und Energieeffizienz. Fußbodenheizungen sind als Flächenheizung besonders energieeffizient, denn die Fußbodenfläche kann aufgrund der großflächig abgegebenen, angenehmen Strahlungswärme mit einer geringen Vorlauftemperatur betrieben werden.

Theoretische Planungsgrundlagen

Wird eine neue Fußbodenheizung geplant, ist die DIN EN 1264 als Berechnungsgrundlage unerlässlich. Die relevante Kenngröße ist die Basiskennlinie – sie stellt den Zusammenhang zwischen der mittleren Fußbodentemperatur tFB,m und der Wärmestromdichte q als empirische Funktion dar: q = 8,92 (tFB,m – ti)1,1.

Die Leistung der Fußbodenheizung, die Wärmestromdichte gemessen in W/m², ist somit von der Temperaturdifferenz der mittleren Fußbodentemperatur tFB,m und der Rauminnentemperatur ti abhängig. Dieser Zusammenhang wird durch den Exponenten von 1,1 für Fußbodenheizungen und dem Proportionalitätsfaktor 8,92 bestimmt. Zum Vergleich: Bei Heizkörpern beträgt er 1,3. Aus der Formel ist ersichtlich, dass jede Erhöhung der Rauminnentemperatur bei gleicher Innentemperatur die Wärmestromdichte verringert. Im Umkehrschluss führt eine höhere Oberflächentemperatur zu einer besseren Wärmeleistung. Als Faustformel kann für den Proportionalitätsfaktor ein Wert von 10 angenommen werden, dann zeigt sich: Mit einer um 1 K höheren Temperaturdifferenz zwischen Oberboden- und Raumtemperatur wird eine um 10 W/m2 erhöhte Wärmeleistung erzielt.

Auch nach Einführung des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der aktualisierten Variante der Norm für die Heizlastberechnung DIN EN 12831 im vergangenen Jahr beträgt der typische reale Wärmebedarf im Neubau etwa 30 W/m2. Obwohl die Bedingungen des Auslegungsfalls nur für etwa 5 % der Heizperiode gelten, muss die Leistung der Fußbodenheizung dem Wärmebedarf in diesem Fall entsprechen. Übertragen auf die Funktion der Basiskennlinie ergibt sich folglich für den Auslegungsfall und einer Raumtemperatur von 20 °C eine Oberflächentemperatur von etwa 20 °C + 30/10 °C = 23,0 °C. In der übrigen Heizperiode ist der Wärmebedarf geringer und liegt im Schwachlastbetrieb bei etwa 10 bis 20 W/m2. Daraus resultieren Oberflächentemperaturen von 21 bis 22 °C.

Je nach gewählten Berechnungsparametern kann der rechnerische Wärmebedarf jedoch darüber liegen: Ein erhöhter Lüftungswärmebedarf, Aufheizreserven und höhere gewünschte Innentemperaturen (ein Komfortzuschlag von 3 K) erhöhen ihn.

Seit April 2020 muss die Lüftung laut DIN/TS 12831 nach Gebäudezonen berechnet werden. Das führt im Schnitt zu einer Steigerung der Heizlast um rund 10 % im Vergleich zur bisherigen Berechnungsmethode. Für einzelne Räume kann es mehr sein. Sind höhere Raumtemperaturen gewünscht, kann die Heizlast die Heizleistung überschreiten und eine zusätzliche Heizung muss eingeplant werden. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass sich diese Überschreitung nur auf die wenigen Tage im Jahr bezieht, in denen der Auslegungsfall erreicht wird. Ob diese Investition notwendig ist, sollten der Bauherr oder die Bauherrin also selbst entscheiden.

Soll ein Gebäude nach einer Temperaturabsenkung – z. B. über Nacht – schnell wieder die Solltemperatur erreichen, sind Aufheizreserven bei der Berechnung der Heizlast zu berücksichtigen. Als Aufheizreserven können größer dimensionierte Wärmeerzeuger, geringere Verlegeabstände bei der Fußbodenheizung oder eine Erhöhung der Vorlauftemperatur dienen. In allen Fällen kommt es zu Mehrkosten. Zudem sinkt, zumindest bei einer erhöhten Vorlauftemperatur, die Energieeffizienz des Wärmeerzeugers, speziell bei Wärmepumpen. Da bei der guten heutigen Dämmung neu errichteter Gebäude eine Temperaturabsenkung energetisch keine messbaren Vorteile mehr bringt, empfiehlt sich der Verzicht auf diese Aufheizreserven.

Sind höhere Innentemperaturen gewünscht und die Solltemperatur wird auf 23 °C statt 20 °C festgesetzt, hat das negative Auswirkungen auf den Wärmebedarf und die Heizleistung der Fußbodenheizung. Die DIN EN 12831 lässt die Vereinbarung höherer Innentemperaturen jedoch zu. So erhöht sich die Heizlast bei einer um 3 K höheren Raumtemperatur um 10 %. Weil die maximale Oberflächentemperatur für Aufenthaltszonen laut EN 1264 auf 29 °C beschränkt ist, führt eine um 3 K erhöhte Raumtemperatur zu einer Reduktion der maximalen Heizleistung von 100 auf etwa 70 W/m².

Zusammen können diese Effekte dazu führen, dass im Jahr 2021 die Heizlast bei Niedrigstenergiehäusern in einzelnen Räumen mit einer Fußbodenheizung nominell nicht gedeckt werden kann. Diese Diskussion hatte sich eigentlich nach der Einführung der Wärmeschutzverordnung (WSVO) 1995 erledigt, da durch die dann festgelegten Wärmedämmanforderungen der Wärmebedarf mit durchschnittlich 50 W/m2 sicher unter die von der Fußbodenheizung lieferbaren 100 W/m2 gesenkt wurde.

Einfluss des Bodenbelags

Ob eine Oberflächentemperatur als warm oder kalt empfunden wird, hängt entscheidend vom Oberbodenbelag ab. Parkett, Teppich, Fliesen oder Laminat – das Material hat einen erheblichen Einfluss auf die Wärmeleistung bei gleicher Vorlauftemperatur.

Beläge unterscheiden sich in ihrer Wärmeleitfähigkeit und ihrem Widerstandsbeiwert. Während Fliesen und Steinfußböden Wärme besonders gut leiten, haben Teppichböden einen hohen Widerstandsbeiwert. Parkett hat ebenfalls eher hohe Widerstandsbeiwerte, allerdings werden auf Holzfußböden bereits niedrigere Temperaturen als angenehm empfunden. Grundsätzlich sollte Parkett verklebt sein. Manche Holzarten eignen sich besser als andere, da sie unterschiedlich auf Änderungen der Luftfeuchtigkeit reagieren. Eiche und Ahorn sind weniger sensibel als andere Hölzer. Schwimmend verlegtes Laminat ist als Oberbodenbelag bei einer Fußbodenheizung trotz seines nominell geringen Widerstandsbeiwertes wärmetechnisch genauso ungünstig wie ein dicker Teppich oder ein dickes Parkett: Hier entstehen Lufträume, die als Wärmedämmung wirken.

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

Um bei der Auslegung auf Nummer sicher zu gehen, sollte die Flächenheizung für Wohngebäude für den ungünstigsten, jedoch noch zulässigen Wärmeleitwiderstand des Oberbodens ausgelegt werden. So lässt sich bei einer späteren Renovierung der Steinoberboden in einem Wohnraum durch einen Parkett- oder Teppichboden ersetzen, ohne die Vorlauftemperatur zu erhöhen. Die Anpassung der sich dadurch ändernden Massenströme im Heizkreis kann mit einer smarten Regelung ganz automatisch erfolgen.

Auch für den Installationsbetrieb spielt der gewählte Oberbodenbelag eine Rolle. Je nach Wärmeleitfähigkeit müssen die Verlegeabstände angepasst werden. So ist bei Fliesen- und Steinfußböden etwa darauf zu achten, dass keine unangenehmen Temperaturwelligkeiten an der Oberfläche entstehen. Der Verlegeabstand sollte entsprechend gering sein. Grundsätzlich gilt, dass nach der FBH-Norm EN 1264 der Verlegeabstand maximal 1 cm vom geplanten Wert abweichen darf: Auch mit dieser Anforderung sollen die Temperaturwelligkeiten möglichst gering gehalten werden.

Auslegungskriterium Nutzung

Ein Raum kann in verschiedene Zonen und damit in unterschiedliche Heizkreise geteilt sein. Auf diese Weise wurde früher beispielsweise vor einer großen Fensterfront der Verlegeabstand verringert, um dem Kaltluftabfall am Fenster entgegenzuwirken. Das ist bei der heutigen Scheibentechnologie nicht mehr nötig. Eine klassische Randzone schafft sogar eher Probleme. Der geringere Wärmeverlust durch besser gedämmte Außenwände senkt den Wärmebedarf der Räume und dieser würde gerade im Schwachlastbetrieb schon allein durch die Randzone abgedeckt werden. Das sorgt nicht für Wohlempfinden, denn der Fußboden bliebe im eigentlichen Aufenthaltsbereich kalt. Wenn in einem Raum zwei Heizkreise benötigt werden, sollten diese ungefähr gleich lang sein, um das auszuschließen. Dann ist der hydraulische Abgleich einfach und der Raum erhält eine gleichmäßige Oberflächentemperatur. Eine Ausnahme ist das Schlafzimmer, wenn unter dem Bett nicht oder weniger geheizt werden soll.

In Küchen ist es dagegen besonders wichtig, die Fußbodenheizung im ganzen Raum, also auch unter den Küchenschränken, zu verlegen. Dies trifft vor allem zu, wenn die Küchenzeile an einer Außenwand steht, denn das beugt Schimmel effektiv vor. Bei einer nicht vollflächig verlegten Fußbodenheizung führt die niedrigere Temperatur hinter den Schränken dort zu einer höheren relativen Luftfeuchtigkeit, was Schimmelpilzbildung begünstigt.

Grundsätzlich sollte jeder Raum einzeln geregelt werden. Hier behält das GEG die Anforderungen aus der EnEV bei: Jeder Raum, der mehr als 6 m² misst, muss mit einer Einzelraumregelung ausgerüstet werden. Daraus folgt, dass kleinere Räume keinen eigenen Heizkreis benötigigen. Ob aus Behaglichkeitsgründen ein eigener Heizkreis für ein Gäste-WC oder ein zweites kleines Badezimmer im Einfamilienhaus trotzdem sinnvoll ist, sollten Planende und Bauherrn gemeinsam besprechen.

Kühlen bei hohen Temperaturen

Angenehme Raumtemperaturen das ganze Jahr über sind das Ziel jeder Planung. Zudem muss nach GEG die Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes nachgewiesen werden. Energetisch besonders günstig ist eine passive Kühlung unter Verwendung von Raumumschließungsflächen. Wand- und Deckenkühlungen sind hier besonders effektiv, aber auch klassische Kälteerzeuger können mit diesen Systemen durch die hohen raumnahen Kühltemperaturen eine bessere Energieeffizienz erreichen.

Des Weiteren kann die bestehende Fußbodenheizung zur Kühlung genutzt werden, auch wenn die Kühlleistung etwas geringer ist. Mit diversen Systemen ist dies einfach möglich und es entfallen zusätzliche Investitionen.

Für alle drei Varianten gilt, dass sie im Gegensatz zu einer Klimatisierung die absolute Luftfeuchtigkeit im Raum nicht beeinflussen. Ob mit der Kühlung die angestrebte Raumtemperatur erreicht wird, hängt von der Kühlleistung, also von Positionierung (Boden, Wand oder Decke), Verlegeabstand und Vorlauftemperatur und der Zieltemperatur ab. Die obere Behaglichkeitsgrenze liegt im Sommer bei 26 °C und ist mit Flächenkühlsystemen im Normalfall einzuhalten. Die Flächenkühlung funktioniert über die Regulierung der Vorlauftemperatur, die in Abhängigkeit der Außentemperatur und unter Berücksichtigung des Taupunkts geregelt wird. Moderne Regelsysteme überprüfen dafür die relative Luftfeuchtigkeit in jedem Raum. Der Vorteil: Die einzelnen Räume werden länger und dadurch besser gekühlt, als wenn die gesamte Anlage über den Referenzraumwert abgeschaltet wird.

Ist bekannt, dass die Fußbodenheizung auch zu Kühlzwecken genutzt werden soll, können Installateur:innen mit bestimmten Maßnahmen die Kühlleistung optimieren. Zunächst können sie den Verlegeabstand reduzieren: Es empfiehlt sich ein Abstand von 10 cm. Darüber hinaus können sie von Anfang an größere Rohrdurchmesser wählen. 16 oder 17 mm sind optimal, weil durch die geringere Spreizung bei der Kühlung mehr Wasser transportiert werden muss. Alternativ lässt sich die Länge der Heizkreisläufe reduzieren.

Sven Petersen

Sven Petersen
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Gut geplant ist halb gewonnen
Seite 46 bis 49
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