Gestaltung und TGA gekonnt kombiniert
Museumsgebäude sind gestalterisch wie technisch oft beeindruckend konstruiert. So auch das neue Bauhaus Museum Dessau. Mit ihm existiert seit September 2019 erstmals die Möglichkeit, aus der Sammlung von insgesamt etwa 49.000 Exponaten beeindruckende Auszüge angemessen zu präsentieren. Die Stiftung Bauhaus Dessau zeigt hier vor allem Arbeiten aus den Werkstattjahren 1926 bis 1932, der sozialistisch geprägten Zeit von 1945 bis 1989, Objekte und Dokumente zur Vorgeschichte des Bauhauses sowie zu parallelen Strömungen der Moderne.
Die Tatsache, dass finanzielle Mittel und Bauzeit eng abgesteckt waren, stellte für alle Projektbeteiligten – vom Architekten über die Stiftung Bauhaus Dessau, die Planer bis hin zu den ausführenden Firmen – eine große Herausforderung dar.
Baudaten
Die gestalterische Idee eines offenen Hauses mit Werkstattcharakter stammt vom jungen spanischen Architektenbüro addenda architects. Damit wird das Gebäude in zwei Bereiche geteilt. Das Erdgeschoss dient für Veranstaltungen und Ausstellungen auf einer Fläche von 2.100 m2. Darüber „schwebt“ eine 105 m lange, 18 m breite und 2.400 t schwere Blackbox. Hier befindet sich die einzigartige Sammlung vor Tageslicht geschützt.

Umhüllt von einer Glasfassade erscheint das ganze Gebäude klar, reduziert und funktionell. Im Detail sind jedoch clevere technische Lösungen umgesetzt. So ähnelt die Konstruktion eher einem Brückenbauwerk denn einem Hochbauprojekt. Die Brücke, bestehend aus zwei 45 cm starken und 6 m hohen tragenden Wänden, liegt nur auf zwei Treppenkernen auf, die 50 m voneinander entfernt sind. Als Sekundärsystem dienen die im Abstand von 2,10 m liegenden Fertigteilbinder. Darin ist unterseitig und sichtbar die TGA-Führung integriert. Ebenso unverkleidet und sichtbar zeigen sich Heizung, Sanitär, Lüftung, Elektrotechnik, Medien und Aufzüge im gesamten Gebäude. So forderte es der Architekt Roberto González: Er wollte, dass die TGA in der gesamten Gebäudekonstruktion sichtbar bleibt, ähnlich einer Industriewerkhalle. Es solle daran erinnern und bestätigen, dass das Bauhaus ein „Ort experimenteller Produktion, des Machens, des Konstruierens war und ist“.

Sammlung und Besucherandrang erfordern besondere Klimatisierung
„Die Haustechnik ist somit vom Architekten enorm aufgewertet und damit die Qualität und Ästhetik der Installationen“, bekräftigt Falk Pudschun, TGA-Projektleiter von Inros Lackner SE Rostock. Sein Team plante die Technische Gebäudeausrüstung in den Leistungsphasen 1-8.
Von Projektbeginn an kooperierte es dabei eng mit dem Spanier und einem Ausstellungsexperten, um die Haustechnik so detailliert zu entwickeln, dass sich die Räume flexibel und umfänglich bespielen lassen. In ihrem energetischen Konzept der Gebäudeausstattung kombinierte das TGA-Team eine Bauteilaktivierung mit technischen Anlagen zum Sichern der Klimastabilität sowie eine natürliche Be- und Entlüftung. Dazu fanden im Hause Inros Lackner Rostock vorab vielfältige Simulationsrechnungen statt, um Verschattungen, Klappen, Lüftungsöffnungen, Regelungstechnik und Bedruckung der Fassade effektiv verbinden zu können.

Das Erdgeschoss kommt jetzt – außer im Verwaltungstrakt und Veranstaltungsraum – ohne konventionelle Fußbodenheizung und Klimaanlage aus. Heizung und Kühlung funktionieren über Wasserleitungen in der Fußbodenfläche bzw. in den Betonbauteilen. Im Winter wird – wirtschaftlich und umweltbewusst – das heiße Wasser zum Heizen genutzt, im Sommer kaltes Wasser zum Kühlen. Zugleich bleibt der offene Werkstattcharakter erhalten.
Die dreifachverglaste Glasfassade, etwa 3,30 m vor der Blackbox nach außen versetzt, bildet einen haushohen „Glasumlauf“ des gesamten Gebäudes. Sie bietet zwar viel Sonnen- und Wärmeschutz, was aber an heißen Sommertagen allein nicht ausreicht. Für die insgesamt 571 Scheiben wurde Wärmeschutzisolierglas mit einem u-Wert von 0,7 W/m²K verwendet und ein zusätzlicher Sonnenschutz (Fc = 0,15) aufgebracht.

Für weiteren zusätzlichen sommerlichen Wärmeschutz sorgt zudem ein innenliegender innovativer, metallbedampfter Vorhang im Abstand von 0,50 m zur Glasfassade. 11 m hoch und fast 100 m breit, streckt er sich je nach Bedarf über die gesamte Höhe und Länge des Gebäudes. Er reflektiert einen großen Anteil der Wärmestrahlung des Sonnenlichts wieder nach außen. Über Sensoren an der Fassade wird die Intensität der Sonneneinstrahlung gemessen und an die zentrale Leittechnik des Gebäudes weitergegeben. Ein KNX Installationsbus verknüpft alle Elektroinstallationen der Gebäudeautomation so miteinander, dass die Beschattung effizient je nach Bedarf reguliert werden kann.
Für die natürliche Belüftung des kompakten Gebäudes wird die vorhandene Luft genutzt. So gelangt von außen Zuluft durch Fassadenöffnungen am unteren Gebäude in den Raum und wird am Dach über Entlüftungsklappen wieder abgeführt – ähnlich einem Kamin. Bei sommerlichen Temperaturen bleibt die warme Luft hinter dem Vorhang, ohne ins Gebäude zu gelangen. Im Winter kompensieren Konvektoren an der Fassade den Kaltluftabfall. Ein natürliches einfaches, aber effektives Prinzip, das der Architekt aus traditioneller Bauart Spaniens übernahm und mit den TGA-Planern gekonnt umsetzte.
Für Falk Pudschun war das Projekt insgesamt eine sehr gute Erfahrung mit optimalem Ergebnis wie er resümiert. „Leider spielt das Kriterium für die Umsetzbarkeit der Technik in Ausschreibungen von Architekturwettbewerben meist immer noch eine untergeordnete Rolle“, kritisiert er aus seiner langjährigen Erfahrung. „Wir Haustechniker müssen deshalb in der Anfangsphase unbedingt darauf dringen, in den architektonischen Entwurf eingreifen zu können. Die Einführung der Energiesparverordnung erfordert eine enorm hohe Qualität der technischen Anlagen und stellt einen immensen Paradigmenwechsel in der Bautechnik dar. Seit geraumer Zeit wird das Gebäude weniger in seinen Einzelelementen bewertet, sondern nur als System.“
Infolgedessen fehlt in vielen Architektur-Wettbewerbsentwürfen ausreichender Platz für die Installationen der Haustechnik. Das war auch am Bauhaus Museum Dessau so. Die Technik war zunächst nur in zwei Kellern unterhalb der Treppenhäuser untergebracht. Jetzt besteht eine fast durchgängige Unterkellerung für die Haustechnik. „Die frühzeitigen Abstimmungen mit dem Architekten und Bauherren waren äußerst wichtig. Wir fanden gemeinsam Kompromisse, die Architektur und Technik in Einklang brachten.“

Exponate und Raum ins richtige Licht gesetzt
Ebenso wichtig wie die Klimatisierung ist auch eine exzellente Beleuchtung – sowohl in der tageslichtlosen Blackbox sowie im Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich. Angepasst an jeweilige Vortragssituationen, Workshops oder temporäre Installationen, müssen die Exponate in der Architektur gekonnt in Szene gesetzt werden. Dafür kommt ein DALI (Digital Addressable Lighting Interface-Gateway) zum Einsatz, das im Bauhausgebäude die Schnittstelle zwischen der KNX/EIB Installation und der Beleuchtungsanlage bildet. Da hier alle Controller, Sensoren und Detektoren in einem Netzwerk zusammengefasst sind, funktioniert die Programmierung und Steuerung aller Leuchten ebenfalls von der zentralen Leitstelle aus. Innovative LED- Lichtbänder in der Decke in Kombination mit abgestimmten Reflektoren und ausgewählten Optiken erzeugen mit transluzenten, weißen und farbigen Materialien eine einzigartige Lichtqualität während des Aufenthalts.
Mag es im Nachhinein viele unterschiedliche, auch kritische Meinungen zum Museumsneubau geben. Fest steht jedoch, dass seit Eröffnung tausende Besucher die Gelegenheit nutzten, sich modernes Bauhaus anzusehen und darüber zu diskutieren. Das Museum wird sehr gut angenommen und ist für Dessau und das Bauhaus ein großer Gewinn.
Das Bauhaus in Dessau
Bärbel Rechenbach

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