Brandschutz beim Sanieren

Gut geplant und gedämmt

Die Deutsche Rockwool sanierte eines ihrer Bürogebäude klimagerecht und brandsicher mit Dämmstoffen aus eigener Produktion.

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Zusätzlicher Rettungsweg neu geschaffen über eine Außentreppe Bild: Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG
Zusätzlicher Rettungsweg neu geschaffen über eine Außentreppe Bild: Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG

Zu einer gründlichen Sanierung gehört ein cleveres Brandschutzkonzept, so die Auffassung des Bauherrn. Die Bausachverständigen Ralf Laarmann und Gerd-Ulrich Krause aus Emmerich am Rhein berieten die Deutsche Rockwool deshalb bereits in der Entwurfsphase. Später übernahmen sie die Baubegleitung und später die Schulung der Brandschutzbeauftragten des Unternehmens. Gemeinsam erarbeiteten sie sowohl die „Brandschutztechnische Stellungnahme zum Bauantrag“ als auch die Feuerwehrpläne, den Flucht- und Rettungswegeplan sowie die Brandschutzordnung Teil A bis C.

Beim Sanieren des Bürogebäudes in Gladbeck entschied sich der Hersteller von Steinwolle dafür, bei allen Anwendungen ausschließlich nichtbrennbare Dämmstoffe aus eigener Herstellung zu verwenden. Die Raumtrennwände wurden mit Sonorock, die Fassaden mit Coverrock bzw. Fixrock gedämmt. Auf dem Flachdach liegen Hardrock und Megarock. Für die Bekleidung aller Stahlträger wurde das System Conlit Steelprotect Board eingesetzt. Leitungen und Rohre sind mit Teclit bzw. der Rohrschale Rockwool 800 umhüllt. Mit doppeltem Effekt: Zum einen verbessern diese Dämmsysteme den Brandschutz. Zum anderen konnte durch ihren Einsatz der Primärenergiebedarf des nach Aufstockung fünfgeschossigen Bürogebäudes um 84 Prozent gesenkt werden.

Kapseln für die Technik

Alle brandlastrelevanten Räume wie Küche, WC und Technikraum wurden jeweils im Etagenkern um einen Flur gruppiert und gekapselt. Außerhalb dieser Kapseln liegende Flächen wurden kleiner als 400 Quadratmeter geplant. Daher erübrigten sich Flure in F30-Bauweise und ebenfalls damit verbundene aufwändige Konstruktionen. Es wurden neue, offenere Grundrisse durch diese Planung möglich.

Die Technikräume erhielten selbstschließende Brandschutztüren T30RS. Pro Etage gibt es an jedem Ausgang einen Drucktaster, mit dem über eine Standleitung ein außer Kontrolle geratener Brand an die Feuerwehr manuell gemeldet werden kann.

Eine besondere Herausforderung stellten die Planung und der Einbau der automatischen Raumlüftung dar, denn deren Leitungen mussten stellenweise unterhalb gegebener Stahlbetonunterzüge geführt werden. Es gab allerdings nicht genug Deckenhöhe, um feuerhemmende Installationsebenen zu schaffen. Die Lüftungsleitungen wurden deshalb aus nichtbrennbarem Material ausgeführt und nicht bekleidet.

Fluchtwege mit System

Fluchtwegepläne hängen gut sichtbar im gesamten Bürogebäude der Deutschen Rockwool. Die Fluchtwegebeleuchtung entspricht den Anforderungen der Technischen Regeln für Arbeitsstätten und der LBO. Alle Räume sind mit Rauchmeldern versehen, die auf die zentrale Brandmeldezentrale aufgeschaltet sind. Für das fünfgeschossige Bürogebäude forderte die Feuerwache einen zweiten baulichen Rettungsweg, um im Brandfall schnell evakuieren zu können. Deshalb wurde neben dem Gebäude eine offene Stahltreppe errichtet.

Aus trockenen Steigleitungen

Für den optimalen Schutz des Gladbecker Gebäudes kann die Feuerwehr jederzeit auf einen Zentralschlüssel zugreifen. Aktuelle Grundrisspläne sämtlicher Etagen stehen im Dokumentenarchiv der Feuerwehr bereit. In jeder Etage kann aus der trockenen Steigleitung Löschwasser entnommen werden, das vor dem Gebäude zentral eingespeist werden kann. Überall im Gebäude finden sich außerdem spezielle Feuerlöscher.

„Die fürs Gladbecker Bürogebäude entwickelten Konzepte und die Art der Umsetzung sowie die Zusammenarbeit können wir zukünftig in unseren Seminaren als Lehrstück heranziehen“, sind sich Ralf Laarmann und Gerd-Ulrich Krause sicher. Laarmann erinnert sich dabei an viele Themen, die vor Bauantrag bereits geklärt wurden. „Wir haben zum Beispiel besprochen, welche Blitzleuchtenfarben die Feuerwehr an den Löschwasserstationen vorschreibt. Das ist tatsächlich in jeder Region anders geregelt.“

Kommunikation ist entscheidend

Auch dass die Planer vor Baubeginn die Werkverträge des Generalunternehmers geprüft haben, habe sich bewährt. „Dabei kann man bereits erkennen, wo unbemerkt gefährliche Brandlasten durch den Einbau falscher Baustoffe und Konstruktionen zum Risiko werden könnten. Wir sagen klar, wo was warum wie abgeschottet, bekleidet oder isoliert werden muss und schärfen damit tatsächlich nicht selten das Bewusstsein des Verarbeiters.“ Guter baulicher Brandschutz entstehe unter anderem dadurch, dass nichts Anderes eingebaut wird als das, was vertraglich vereinbart wurde. „Schließlich ist es so, dass der Gebäudeversicherer im Schadensfall nicht verpflichtet ist, vollen Schadensersatz zu leisten, wenn nachweislich falsche Produkte eingebaut wurden“, so Laarmann, der sich auch ehrenamtlich im Deutschen Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB) enga-giert. „Man muss zum Beispiel auch früh diskutieren, ob ein Rohrleitungsnetz im Schacht oder in der Decke geschottet wird. Hier kann mit Rücksicht auf die Installation variiert werden. Aber danach muss die Ausführung stimmig sein. Deshalb ist es sinnvoll, wenn klar verabredet wird, wer kontrolliert.“

Mit der Feuerwehr im Gespräch

Der Planer betont weiter, wie wichtig der enge Kontakt zur örtlichen Feuerwehr bereits in der ersten Planungsphase war. „So konnten wir deren Ausrüstung bei der weiteren Planung berücksichtigen.“ Einmal jährlich werden sich zukünftig die Brandschutzverantwortlichen aus dem Unternehmen mit Laarmann treffen, um Veränderungen zum Beispiel einer Raumnutzung oder der Raumausstattung zu besprechen. „So erkennen wir frühzeitig, ob sich die Risikolage verändert hat und eventuell zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen.“ Es seien gerade die nachträglichen Installationen und Umnutzungen, die Brandrisiken in bestehende Gebäude eintragen.

Bei der Brandursachenermittlung der Behörden und Versicherungen zeige sich leider viel zu oft, dass notwendige, aber unterbliebene Abschottungen zum Beispiel von nachträglich eingebautenKabelkanälen zu einer dramatischen Verrauchung in einem Gebäude und schwer verletzten Menschen geführt haben. Laarmann ergänzt aus vielen Jahren Berufspraxis: „Der Planungsprozess muss generell umgedacht werden. Im Gewerbebau ist die zentrale Frage: Wie existiert ein Unternehmen nach einem eventuellen Brandereignis weiter? Welche Unternehmensbereiche müssen vor einem Totalverlust möglichst geschützt werden? Was verlangt der Gebäudeversicherer? Durch welche Maßnahmen und Einrichtungen wird die örtliche Feuerwehr optimal in die Lage versetzt zu retten? Erst danach werden selbstverständlich auch die Anforderungen der Landesbauordnung in die Brandschutzplanung einbezogen.“

Autor: Dipl.-Ing. André Janert, Manager Vorverkauf und Fachplaner für gebäudetechnischen Brandschutz (Eipos) bei der Deutschen Rockwool

Redaktion (allg.)

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Gut geplant und gedämmt
Seite 44 bis 47
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