Anspruchsvolle Quartiersentwicklung in Hannover

Mit den „Kleefelder Hofgärten“ realisiert das Wohnungsbauunternehmen Theo Gerlach in Hannover Stadtentwicklung in beispielhafter Weise. In einer Kombination aus Bestandserneuerung und Neubau wird das Projekt auf einem hohen qualitativen Niveau umgesetzt – und über die Kollaboration von Experten, zu denen auch zentrale TGA-Hersteller wie der Systemanbieter Viega als Projektausstatter gehören.

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Mit der Quartiersentwicklung „Kleefelder Hofgärten“ in Hannover schafft Theo Gerlach Wohnungsbau in unmittelbarer Nähe zum Stadtwald Eilenriede neue, urbane Lebensräume von bemerkenswerter architektonischer, bautechnischer wie sozio-kultureller Substanz. Bild: Viega
Mit der Quartiersentwicklung „Kleefelder Hofgärten“ in Hannover schafft Theo Gerlach Wohnungsbau in unmittelbarer Nähe zum Stadtwald Eilenriede neue, urbane Lebensräume von bemerkenswerter architektonischer, bautechnischer wie sozio-kultureller Substanz. Bild: Viega

„Im komplexen Bauprojekt nicht Fragen aufwerfen, sondern Probleme lösen!“

Was sich von der Aufgabenstellung über die Realisierung eines Quartiers bis hin zur Vermarktung in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat und warum dies zu einer viel engeren Zusammenarbeit aller Beteiligten führt, wird im ausführlichen Gespräch mit Gerlach-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Architekt Helmut Kummer sehr schnell deutlich.

Herr Kummer, Projektentwickler wie das Theo Gerlach Wohnungsbau-Unternehmen hatten in der Immobilienwirtschaft immer schon eine Schlüsselfunktion inne. Wie hat sich die in den vergangenen 20 Jahren geändert?

Kummer: Projektentwicklung war immer schon multidisziplinär. Doch während wir uns früher vor allem mit Standort- und Potenzialanalysen, Nutzungskonzepten und der Beachtung planungsrechtlicher Fragen befasst haben, kommen heute in enger Abstimmung mit den Kommunen deutlich weitergehende Fragen hinzu, der sich Stadtentwicklung in unserer Zeit stellen muss. Von einer möglichst geringen Flächenversiegelung über energetische und ökologische Konzepte wie dem Einsatz von Gründächern zur Beeinflussung des Mikroklimas, bis hin zu Mobilitätskonzepten, beispielsweise mit dem Fokus auf E-Mobilität oder Angebote für das Fahrrad. Außerdem betrachten wir die Bauten längst nicht mehr nur mit dem Fokus auf Renditeerwartungen, sondern im Interesse der gestiegenen Kundenanforderungen über den gesamten Lebenszyklus.

Wie wirkt sich das konkret auf die Planung aus?

Kummer: Es setzt im Vorfeld eine vertrauensvolle Abstimmung mit der Kommune voraus, um gemeinsam eine Grundvorstellung zu entwickeln, wie das künftige Quartier unter den beschriebenen Voraussetzungen mit Augenmaß ausgestaltet werden kann und trotzdem noch wirtschaftlich realisierbar ist.

Im zweiten Schritt, also schon zu Beginn der Entwurfsplanung, ziehen wir neben unseren Planern bereits die Partner für die Bauumsetzung hinzu. Denn insbesondere die Haustechnik hat im Wohnungsbau eine Komplexität bekommen, die ohne die Expertise der TGA-Fachleute kaum mehr beherrschbar ist und die bei bestimmten Fragen schon ganz konkret bereits den Rohbau betrifft.

Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Kummer: Ein typisches Beispiel ist für mich das Thema „Erhalt der Trinkwassergüte“. Während früher nur die Kellerverteilung mit der entsprechenden Zahl an Steigesträngen zu planen war, sprechen wir heute über normgerechte Ausstoßzeiten, regelmäßige Wasserwechsel auch bei Unterbrechung des bestimmungsgemäßen Betriebs oder über definierte Temperaturprofile in Schächten zur Verhinderung ungewollter Kaltwassererwärmung. Die Konsequenzen daraus sind, um im Entwurf des Rohbaus zu bleiben, getrennte Schächte für warm- und kaltgehende Rohrleitungen oder die hygienegerechte Anordnung von Verbrauchseinrichtungen. All das sind Planungsaspekte, die unmittelbar in die Wohnraum- und damit in die Baugestaltung eingreifen.

Gleichzeitig hat jeder dieser Eingriffe immer auch eine wirtschaftliche Komponente, denn durch zusätzliche Schächte verändert sich zum Beispiel die vermarktbare Fläche. Das muss bei Großprojekten wie den „Kleefelder Hofgärten“ im Vorfeld einkalkuliert werden.

Was erwarten Sie bei solch einer Frage konkret von den Partner:innen aus Fachplanung und Fachhandwerk, mit denen Sie zusammenarbeiten?

Kummer: Wir erwarten zum einen, dass sie uns – bleiben wir bei der Frage der Trinkwasserhygiene – auf potenzielle Risiken wie Stagnation oder Fremderwärmung aufmerksam machen und im Dialog Lösungsvorschläge anbieten. Das kann die veränderte Leitungsführung sein oder die Installation von automatischen Spülstationen. Für uns ist am Ende entscheidend, dass es funktioniert, dass nutzungsgerechte Lösungen angeboten werden und das Ganze in der Gesamtkalkulation darstellbar ist. Darauf müssen wir uns als Projektentwickler verlassen können.

Zum anderen erwarten wir, dass unsere bauausführenden Partner auf Unterstützung durch die Hersteller zurückgreifen können, wenn bei individuellen Projekten wie den „Kleefelder Hofgärten“ nicht alles mit Standardlösungen abgedeckt werden kann. Hier betraf das zum Beispiel die hygienisch immer kritische, sukzessive Inbetriebnahme von Teilabschnitten der Trinkwasseranlage. Das von TGA-Fachplaner Dipl.-Ing. Uwe Pröve (Ingenieurbüro Sprengel, Pröve & Partner Ingenieurgesellschaft mbH, Hannover) entwickelte Konzept, wie die Gebäudeteile und Wohnungsabschnitte in der Inbetriebnahme bzw. der Betriebsphase mit Trinkwasser versorgt werden, musste also auch diesen Aspekt von Anfang an mit abdecken.

Und wie sah die Lösung konkret aus?

Kummer: Konkret wurden vom ausführenden Fachhandwerksunternehmen Dietmar Müller Heizung-Lüftung-Sanitär GmbH aus Gehrden beispielsweise in bestimmten Anlagenteilen zusätzliche Absperrungen installiert, um die Gebäudeteile sukzessive in Betrieb nehmen zu können. Zusätzlich gab es für die Wohneinheiten ein Spülkonzept mit temporär installierbaren „Hauptverbrauchern“, um den Erhalt der Trinkwassergüte unabhängig vom Zeitpunkt der Übergabe an den Nutzer zu gewährleisten. Dadurch war der normativ geforderte Wasseraustausch deutlich einfacher zu leisten.

Wie viel das ausmacht, zeigt ein Blick auf die Vollkostenrechnung. Jede manuelle Spülung kostet etwa 45 Euro – pro Wohnung, alle drei Tage, um die 72-Stunden-Regel einzuhalten. Das addiert sich sehr schnell zu fünf- oder sogar sechsstelligen Beträgen auf. Jede Vereinfachung bei diesen Arbeiten zahlt sich also direkt aus.

Ähnlich stellt sich der bauliche Brandschutz dar. Wir kennen als Projektverantwortliche selbstverständlich den Anforderungskanon aus den Regeln und Normenwerke und halten den auch ein. Wie das am wirtschaftlichsten möglich ist, ohne die Abnahme zu gefährden, dafür brauchen wir die Hilfestellung von Herstellern wie Viega, die beispielsweise von sich aus Lösungen für die gemischte Schachtbelegung auf Null-Abstand entwickeln und so die Probleme lösen, die wir draußen im Markt ganz konkret haben …

Die beschriebenen Beispiele betreffen aber bislang vor allem TGA-Fachplaner und das ausführende Handwerk. Wo sehen Sie in diesem praktischen Kontext eine direkte Schnittstelle zum Hersteller?

Kummer: Zunächst einmal sind in der Zusammenarbeit tatsächlich Fachplaner und das Fachhandwerksunternehmen unsere ersten Ansprechpartner. Weil wir unsere Planungen durch die Kollaboration aber ganzheitlich-konzeptionell aufgesetzt haben, wird auch frühzeitig deutlich, wo es in den generell individuell geplanten Objekten zu besonderen Herausforderungen kommt. Beispielsweise, weil im Bestand bestimmte Leitungswege vorgegeben sind oder geforderte Ausstattungsmerkmale nur kompromissbehaftet zu erreichen wären. Dann erwarten wir, dass unsere Partner aus den Planungsbüros und dem Handwerk die notwendige Unterstützung durch die Hersteller bekommen, um solche Fragestellungen zu beantworten.

Haben Sie auch hierfür ein Beispiel?

Kummer: In den „Kleefelder Hofgärten“ ist dafür, als Fortsetzung unseres Trinkwasserhygienekonzeptes, die Ausstattung der Wohnungen mit Flächentemperierung prototypisch. Hier ergab sich zum Beispiel schon in der Frühphase der Planung die Aufgabenstellung, aufgrund hygienischer Risiken einen Wärmeübergang der Fußbodenheizungsrohre auf die parallel geführten Installationen von Trinkwasser kalt zu verhindern. Eine weitere Herausforderung war es, in Räumen mit Anbindeleitungen Überhitzung zu verhindern, denn das kann ebenfalls als Mangel gelten. In enger Zusammenarbeit zwischen Planer und Industrie hat Viega als Anbieter dieser Systeme daraufhin ein Verlegeschema entwickelt, das genau diese Problemkreise auflöste.

Die Herstellerunterstützung war dabei doppelt wertvoll, weil wir gleichzeitig für die Flächenheizungen das Regelsystem Fonterra Smart Control von Viega installieren wollten – und auch das erforderte eine frühzeitige Planungsabstimmung. Denn in den hoch gedämmten Neubauten dieses Quartiers mit bodentiefen Fenstern erwarten die Mieter oder Käufer der Wohnung ein Temperiersystem, das selbst bei schnell wechselnden thermischen Lasten möglichst komfortabel arbeitet. Durch die spezielle Regelung des Herstellers, die automatisch einen permanenten hydraulischen Abgleich unter ständiger Berücksichtigung der aktuellen Raumtemperaturen vornimmt, ist das gewährleistet, haben uns Planer und Fachhandwerker gleichermaßen versichert – und wir vertrauen auf diese Expertise.

Abschließend: Wie sehen Sie, vor dem Hintergrund des konkreten Beispiels „Kleefelder Hofgärten“, die Perspektive nicht nur für Projektentwickler, sondern generell für die Zukunft des Bauens?

Kummer: Nicht zuletzt vor dem Hintergrund unterschiedlichster Einflussgrößen auf das Bauen – wie der rasanten technischen Entwicklungen, Forderungen nach ökologischem und ressourcenschonendem Bauen oder demografischer Entwicklung – müssen wir uns auf immer komplexere Projekte einstellen. Die Nutzer der Wohnungen, also unsere Kunden, erwarten wiederum Komfort, ohne sich kümmern zu müssen. Sie wünschen sich eine technische Ausstattung, die ohne großen Aufwand funktioniert. Und sie möchten ein Wohnumfeld, das genauso zu ihrem Lebensstil wie zu ihrer Lebensphase passt. Das können wir nur noch leisten, wenn wir Projekte ganzheitlich entlang eines zielgruppengerecht aufbereiteten Anforderungsprofils entwickeln und sie dann mit Partnern umsetzen, die diesen umfassenden Ansatz mittragen – und zwar tatsächlich über den gesamten Lebenszyklus des Objektes hinweg. Das wird aber nur funktionieren, wenn sich alle Beteiligten früh an einen Tisch setzen und aus der Kompetenz der Einzelnen gewissermaßen eine Schwarmintelligenz wird, über die jedes neue Gebäude unter den Aspekten Gestehungskosten, Betriebskosten, Vermarktbarkeit und Ausstattungs- und Wohnqualität optimal austariert wird.

Herr Kummer, wir bedanken uns für diesen Einblick in Ihre Arbeit.

Eine Information der Viega GmbH Co. KG, Attendorn

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Anspruchsvolle Quartiersentwicklung in Hannover
Seite 138 bis 140
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