Hohe Trinkwasserqualität muss europaweit gewährleistet sein

Trinkwasser ist als wichtigstes Lebensmittel ganz grundsätzlich von sehr hohem Stellenwert für die Gesundheit des Konsumenten. Daher werden zu Recht in Europa sehr hohe Anforderungen an die Qualität des produzierten Wassers selbst, aber auch an seine „Transport-Verpackung“ auf dem Weg zum Kunden gestellt.

Die Expertenrunde: Dr. Josef Klinger, Geschäftsführer des TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser, Dr. Anton Klassert, Geschäftsführer des Deutschen Kupferinstituts, und Dr. Peter Rapp, Leiter der Sektion Trinkwasserverteilung beim Umweltbundesamt (von links) Bild: Deutsches Kupferinstitut
Die Expertenrunde: Dr. Josef Klinger, Geschäftsführer des TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser, Dr. Anton Klassert, Geschäftsführer des Deutschen Kupferinstituts, und Dr. Peter Rapp, Leiter der Sektion Trinkwasserverteilung beim Umweltbundesamt (von links) Bild: Deutsches Kupferinstitut

Seit Jahren wird auf europäischer Ebene dafür gekämpft, ein einheitliches europäisches System zu schaffen, das den Gesundheitsschutz der Verbraucher durch die Entwicklung eines vereinheitlichten Prüf- und Zulassungsverfahrens für Materialien und Produkte, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen, garantiert.

Auf Einladung des Deutschen Kupferinstituts, das sich seit Jahren auf europäischer Ebene im Auftrag der europäischen Kupfer-Halbzeugindustrie um den Bereich „Trinkwasser“ kümmert, diskutierten nun Vertreter des Umweltbundesamtes und des Technologiezentrums Wasser, welche Schritte unternommen werden müssen, um Trinkwasser auch weiterhin optimal zum Wohle des Verbrauchers zu schützen.

Die EG-Trinkwasser-Richtlinie von 1998 regelt die Beschaffenheit des Trinkwassers in Europa, wonach spezifische Grenzwerte am Wasserhahn einzuhalten sind. Die Richtlinie wird mit der Trinkwasserverordnung aus dem Jahre 2001 in deutsches Recht umgesetzt. Damit kommt die Bundesrepublik ihrer Pflicht nach, beschränkt jedoch die Verwendung von in Deutschland aufgrund des hohen Gesundheitsstandards nicht geeigneten Produkten, was von der EU-Kommission wiederum als Handelshemmnis bezeichnet wird. Für das Umweltbundesamt ist diese Beschränkung jedoch wegen der gesundheitlichen Bedeutung aber gerechtfertigt.

Gesundheitsschutz steht im Vordergrund
Bedeutsam im Sinne des allumfänglichen Gesundheitsschutzes ist dabei auch die Berücksichtigung von Stoffen, die beispielsweise aus Leitungsmaterialien ins Trinkwasser übergehen können. Oftmals sind diese hinsichtlich Vorkommenshäufigkeit sowie Konzentrations-Wirkungsbeziehung noch gar nicht oder nur unzulänglich verstanden. Und hier liegt das Problem für den Verbraucher: Die EG-Trinkwasser-Richtlinie schreibt in Artikel 10 den Mitgliedstaaten zwar vor, Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser zu regeln, gibt aber dabei keine konkreten Vorgaben. Dies hat dazu geführt, dass sich in einigen Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Bewertungsverfahren entwickelt haben, während in anderen Staaten keine konkreten Regelungen existieren.

Mangelnde europäische Regelung führt zu zahlreichen Problemen
Die Transport-Verpackung für Trinkwasser besteht in der Regel aus einem verzweigten Netzwerk von Rohren und Armaturen, die wiederum – je nach Größe, Funktion und technischer Eignung – aus sehr vielen Einzelkomponenten und ergo unterschiedlichen Vor-Materialien hergestellt sein können. Dabei muss gewährleistet sein, dass das Produkt für den Anwendungszweck in der Praxis sicher betrieben werden kann.

Für die Hersteller von Materialien und Produkten ergibt sich noch ein weiteres Problem: Die unterschiedlichen europäischen Anforderungsniveaus führen gegenwärtig dazu, dass in Deutschland zwar ein hoher Standard eingehalten wird, dieser aber durch die (fehlenden) Bestimmungen in anderen Ländern aufgeweicht wird bzw. neue Zertifizierungen nötig sind, was mit erheblichen Kosten für die Produzenten verbunden ist.

Forderung: Nur zuverlässige Materialien und Produkte einsetzen
Um diesen hohen Standard auch zu halten, setzt sich das Deutsche Kupferinstitut für die Sicherstellung der bestmöglichen Trinkwasserqualität in Europa ein. Dazu Anton Klassert, Geschäftsführer des Kupferinstituts: „Der Artikel 10 der Trinkwasserrichtlinie verlangt von Mitgliedstaaten, die hygienische Sicherheit von Materialien und Produkten in Kontakt mit Trinkwasser zu gewährleisten. Aber eine entsprechende Einigung und Umsetzung auf europäischer Ebene erfordert auch eine gemeinsame Vereinbarung über deren freien Marktzugang. Bislang gibt es jedoch keinerlei legislativen Rahmen, der beide Aspekte berücksichtigt. Die Hersteller von Materialien beziehungsweise Produkten wollen auf der sicheren Seite stehen, was die Zuverlässigkeit ihrer Produkte, aber auch den Marktzugang in der EU angeht. Dieser Marktzugang muss gewährleistet und mit Prüf- und Kontrollauflagen verknüpft sein, die gleichwohl die Existenz eines Herstellers nicht bedrohen, aber auch den Verbraucherschutz garantieren. Oberste Priorität hat dabei auf jeden Fall die Gewährleistung der bestmöglichen Trinkwasserqualität, das heißt für uns, dass in allen EU-Staaten die hygienischen Ansprüche an entsprechende Materialien gleich hoch sein müssen und nicht gleich niedrig“.

Diesen Ansatz teilt auch das Umweltbundesamt. Dazu Thomas Rapp: „Deutschland und die anderen EU-Mitgliedstaaten haben sich seit Anfang der 2000er Jahre für eine einheitliche europäische Regelung ausgesprochen, wie es sie für Materialien im Kontakt mit Lebensmitteln gibt. Leider war die europäische Kommission bisher nicht bereit, eine entsprechende Regelung in Angriff zu nehmen. Damit besteht für die Hersteller weiterhin ein großer Aufwand, da sie in vielen Staaten unterschiedliche Prüfungen und Zertifikate benötigen. Für die Mitgliedstaaten verbleibt die Schwierigkeit, Prüfungen anderer Staaten anzuerkennen. Eine erzwungene Anerkennung kann dazu führen, dass das in Deutschland etablierte hohe Schutzniveau in Frage gestellt wird“.

Europäische Lösung in Sicht?
Für den Verbraucher bleibt zu hoffen, dass sich die zuständige EU-Kommission endlich bewegt und ein entsprechendes europaweit gültiges System zur Überprüfung von Materialien und Produkten in Kontakt mit Trinkwasser installiert. Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Bereits 2015 haben sich die betroffene Industrie und Regulatoren für eine einheitliche europäische Umsetzung des Artikel 10 der EG-Trinkwasser-Richtlinie aus dem Jahr 1998 ausgesprochen. Am 12. Mai dieses Jahres werden in einer Folgeveranstaltung in Brüssel nun neben einer neuen Studie des Generaldirektorats „Umwelt“ der Europäischen Kommission auch der aktuelle Stand der verschiedenen Initiativen zur Durchsetzung einer europäischen Lösung vorgestellt und diskutiert.

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