Faltbare Häuser – flexibles Wohnen
Innerhalb von zehn Minuten wird aus einem Container ein ganzes Wohnhaus – und es lässt sich genauso schnell wieder zusammenbauen. David Martyn baute früher Luxuswohnungen. Der Architekt war schon immer an grundsätzlichen Fragen zu Raum und Wohnen interessiert. Vor sieben Jahren gründete er das Unternehmen Ten Fold in Südostengland. Zusammen mit vier Ingenieuren entwickelte er ein Haus, dessen Wände, Böden und Decken extrem platzsparend verstaut werden und sich mittels Physik entfalten. Sechs Prototypen gibt es bisher, Ende September 2017 soll ein voll funktionstüchtiges Vorführmodell vorgestellt werden.
Aufbau mithilfe der Physik
Das Lowtech Produkt faltet sich nicht mit der Kraft von Motoren oder Elektrik, sondern durch einfache physische Gesetze – mithilfe komplexer Systeme aus Winden, Hebeln und Gegengewichten. Die Schwerkraft rückt die Bauteile dann einfach in die richtige Position. „Denken Sie an viktorianische Ingenieurtechnik“, sagte Martyn in einem früheren Interview mit dem Magazin Forbes. „Die Strukturen von Ten Fold nutzen keine Computer oder Netzwerke, sondern einfach Physik. Tatsache ist, dass dieses Haus automatischer geworden ist, indem weniger automatisiert wurde.“ Per Knopfdruck wird die Errichtung des flexiblen Hauses gestartet – aus der neun Meter langen Kiste werden 64 m2 Wohnfläche. Zunächst entfalten sich Decke und Boden. Danach lösen Hebel die Mechanismen an den Außenseiten aus. Diese aktivieren wiederum die Ausleger, die für die Stabilität am Boden sorgen. Somit ist ein herkömmliches Fundament überflüssig, nur ein ebener, fester Untergrund ist die Voraussetzung für den Aufbau. Das Basismodell TF-64 ist in zusammengefaltetem Zustand als kompakte Kiste 9 Meter lang, 2,44 Meter breit und 2,98 Meter hoch. Nach dem Errichten hat es eine Fläche von 8 Meter x 8 Meter, d.h., 64 Quadratmeter Wohnfläche. Die Kiste bietet gleichzeitig Stauraum, um die Einrichtung während des Transports unterzubringen. Prinzipiell kann die Kiste sogar noch größer gebaut werden, mit einer Seitenlänge von 12 Metern oder mehr.
Wohnraum oder Notunterkunft
Die Innenaufteilung lässt sich individuell anordnen. Die Firma bietet verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten an, um die meisten Wände zu verschieben. Einige Wände müssen allerdings aufgrund der Konstruktionsweise stehen bleiben. Die Positionen der Fenster und Türen und die Materialien für Wände, Böden und Dach können nach Belieben gewählt werden. Es wäre sogar möglich, Aufzüge einzubauen und mithilfe von Rampen das Wohnen barrierefrei zu gestalten. Anschlüsse für Strom, Wasser und Abwasser sind vorgesehen. Wer das autarke Leben vorzieht, kann Solarpaneele, Wassertanks und eine Kompost-Toilette anbringen.Der Rahmen der Konstruktion besteht aus Stahl und wiegt zusammen mit den Wänden mehr als 20 Tonnen. Die Inneneinrichtung bringt zusätzliches Gewicht. Dass das Haus bei Wind wegfliege, ist laut Hersteller nicht möglich. Die einzelnen Haus-Module können gestapelt und miteinander zu einem mehrstöckigen Gebäude verbunden werden. Das Basismodell kostet umgerechnet rund 112.000 Euro. Die Ten-Fold-Systeme bieten nicht nur flexiblen Wohnraum, sondern können auch im Katastrophenfall eingesetzt werden. Es besteht z. B. die Möglichkeit, die faltbaren Häuser als Notunterkünfte, Krankenhäuser oder Erste-Hilfe-Stationen zu nutzen.